Es ist ein Bild, das zeitlos wie zeitgemäß ist: Zu allen Zeiten dürfte sich der Mensch ob der anhaltenden Beschleunigung des Lebens in diesem Bild wiederfinden – ob 1902 oder 2022, "Der Mensch" von Alfred Kubin (1877–1959) zeigt die Zwangslage des Wandels, die das Individuum zum Nichtakteur degradiert, hilflos den Fliehkräften der Veränderung unterworfen. Mit aberwitziger Geschwindigkeit unterwegs, die Hände gebunden. Oder auch: "Der Krieg" (1907): ein alles zerstörender Gigant, der lustvoll über das Schlachtfeld stapft und alles unter sich zermergelt – hochdynamisch mit Feder und Tusche auf Papier gebracht.
Die Welt des Zeichners und Illustrators Alfred Kubin, sie gleicht einer Wunderkammer. Die Preziosen sind freilich wenig schillernd, sondern eine düstere Verdichtung persönlich emotionaler Abgründe, die zwischen Angst, Lust, Melancholie und depressiven Phasen pendeln. Nicht ganz zufällig lautet der Titel der Ausstellung auch "Bekenntnisse einer gequälten Seele".