"Ich singe, also bin ich“: Dieses Motto eines ihrer Schwerpunktthemen in Seminaren und Vorträgen - in diesem Fall „Schlüsselstellen für das Singen im schulischen Kontext" - war zugleich auch das Lebensmotto von Claudia Kettenbach. „Alle meine musikalischen und pädagogischen Tätigkeiten wachsen aus einer tiefen Verbundenheit mit dem Singen. Erwachsene, Jugendliche und Kinder zum Singen zu bewegen sowie deren bewusstes und erlebnistiefes Hören zu entwickeln, bildet das Zentrum meiner Arbeit", schrieb sie in ihrer Biographie.
Ja, Claudia Kettenbach war beseelt vom Selbersingen und von der Vermittlung des Singens als musikalische Grundausstattung. 1963 in Judenburg geboren, verbrachte sie ihre Gymnasialzeit in Graz und studierte an der dortigen Musikhochschule Musik- und Instrumentalmusikerziehung samt Lehrbefähigung für Blockflöte sowie Germanistik an der Karl-Franzens-Universität. Für eine Ausbildung in Elementarer Musikerziehung wurde Lyon in Frankreich ein weiterer Studienplatz, zudem belegte sie etliche Meisterkurse in Chorleitung.
Bis 2010 war Kettenbach - auch in solistischer Funktion - Sängerin im Arnold Schönberg Chor Wien, von dessen Leiter erhielt sie 1998 den Preis des Erwin-Ortner-Fonds zur Förderung der Chormusik (damals 30.000 Schilling). Neben ihrer umfangreichen Tätigkeit als Referentin für Chorleitung, Chorsingen, Stimmbildung, Elementare Musikpädagogik und als Musikbuchautorin leitete sie unter anderem auch den „Wiener Dreigesang“ und das "Ensemble Buxtehude Wien". 2007 bis 2018 war die in Wien lebende Steirerin Mitglied der künstlerischen Leitung des „Österreichischen Bundesjugendsingens“, ab 2009 arbeitete sie an einem Konzept für regelmäßiges Offenes Singen in Wien, leitete dieses Projekt treffpunkt: singen und entwickelte es auch in anderen Bundesländern weiter.
Mit Gleichgesinnten wie Alois Glaßner, Astrid Krammer oder Michael Grohotolsky sorgte sie an der Wiener Chorschule dafür, begabten Kindern und Jugendlichen über das Chorsingen einen wertvollen musikalischen Bildungs- und Erfahrungsweg anzubieten. An dieser Institution der Universität für Musik und darstellende Kunst bekommen Studierende der Musikpädagogik in der Begegnung mit den Chören der Wiener Chorschule die Gelegenheit, die musikalische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und den Umgang mit jungen Stimmen kennen zu lernen.
An der Musikuniversität Wien hatte Kettenbach mit ihrer Unterrichtstätigkeit bereits 1994 begonnen. Zuletzt war sie am Anton Bruckner Institut u. a. für Dirigieren, Chorleitung und Vokalpraxis verantwortlich sowie am Institut für Musikpädagogik:Klavierpraktikum tätig. Nun ist Claudia Kettenbach, die leidenschaftliche Botschafterin des Singens, allzu früh mit 58 Jahren überraschend verstorben.
Michael Tschida