Schätzungen zufolge liegen etwa drei Viertel des kulturellen Erbes Subsahara-Afrikas in westlichen Museen. Grund dafür ist Europas Kolonialgeschichte – über ein Jahrhundert lang haben die Kolonialmächte den Ureinwohnern entrissen, wonach ihnen war. Zahlreiche afrikanische Staaten fordern schon seit Jahren die geraubten Kulturschätze zurück. Auf ARTE werden die Gräueltaten des Kolonialismus und Afrikas Kampf um Restitution am 5. April in drei Dokumentarfilmen näher beleuchtet.
Der ARTE-Schwerpunkt "Museen und Kolonialismus: Afrika kämpft um seine Kunstschätze" beginnt um 20.15 Uhr. Gezeigt werden drei Dokumentationen in Folge. Das Programm startet mit "'Die Wilden' in den Menschenzoos". In der Regie von Bruno Victor-Pujebet und Pascal Blanchard wird erzählt, wie über 100 Jahre lang – zwischen 1810 und 1940 – die aus weit entfernten Kolonialstaaten stammenden Ureinwohner in Menschenzoos zur Schau gestellt wurden. Über 35.000 Menschen wurden in Zoos, im Theater, im Zirkus, in Anatomiesälen und auf Kolonial- und Weltausstellungen wie exotische Tiere vorgeführt. In der Doku werden die Schicksale von sechs solcher zur Schau gestellten Personen mit der Hilfe angesehener internationaler Experten genauer nachgezeichnet.
Im Anschluss erfolgt die Erstausstrahlung der Reportage "Restituieren? Afrika fordert seine Kunstschätze zurück". Der Film von Nora Philippe will dazu anregen, das Kulturerbe neu zu definieren. Dazu soll die Rolle der Museen bei der Neugestaltung der Beziehungen zwischen Europa und Afrika überdacht werden. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte 2017 eine Restitution der geraubten Kulturgüter an. Damit reagierte er auf eine offizielle Zurückforderung von Kulturgütern und leitete einen Paradigmenwechsel in der lange auf Ignorierung und Verzögerung setzenden Haltung ehemaliger Kolonialmächte ein. So wurden vergangenen November von Frankreich an Benin 26 Artefakte zurückgegeben.
Deutschland hat vergangenes Jahr eine Absichtserklärung mit Nigeria unterzeichnet, nach der die als Raubgut geltenden Benin-Bronzen an das afrikanische Land zurückgegeben werden sollen. Die Bronzen sind aus dem 16. bis 18. Jahrhundert stammende Metalltafeln und Skulpturen, die einst im Königspalast im Königreich Benin im heutigen Nigeria zu finden waren. Rückgaben sind noch für dieses Jahr geplant. Darüber hinaus eröffnete das Hamburger Museum am Rothenbaum ein internationales Projektbüro zur digitalen Zusammenführung der weltweit zerstreuten Kunstwerke aus dem ehemaligen Königreich. Das Projekt "Digital Benin" soll ebenfalls dieses Jahr anlaufen.
Auch in Österreich, das zwar nicht zu den frühen Kolonialmächten zählt, aber sich stattlich am damaligen Markt bedient hat, wurde ein internationales Gremium eingerichtet, das die Zukunft der in Besitz von Bundesmuseen befindlichen kolonialen Objekten bestimmen soll. Den Vorsitz hat der wissenschaftliche Direktor des Weltmuseums Wien, Jonathan Fine, übernommen. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2023 vorgelegt werden.
Als Abschluss des Themenabends lädt die Erstausstrahlung "Von Dakar nach Dschibuti – Große Beute für das Musée de l'Homme" von Marc Petitjean dazu ein, sechs jungen Ethnografen auf einer Expedition durch Afrika zu folgen. Als Ziel der Reise haben sich die Forscher gesetzt, mehr über den "afrikanischen Menschen" herauszufinden. Auf ihrer vom französischen Staat finanzierten Reise von Dakar bis nach Dschibuti sammeln sie Hunderte Objekte für die Sammlungen des Pariser Musée d'Ethnographie.