Gelb-blaue Herzen auf Wangen, aufgemalte Sternchen, Sonnenblumen – die Nationalblume der Ukraine – und vor allem glückliche Gesichter begleiteten das Solidaritätskonzert bei Kaiserinnenwetter im Wiener Ernst-Happel-Stadion. „Schmusen statt Schießen“ stand auf einem der hochgehaltenen Plakate.
Es war die erste Pop-Party dieser Größenordnung seit Ausbruch der Pandemie. Und für die vielen jungen Musikfans wohl ihr allererstes Open-Air-Konzert hier. Die Freude über die zehnstündige Show mit dem Who-is-Who der Austropopstars stand dem generationenübergreifenden Publikum ins Gesicht geschrieben. Die Kritik an der Massenveranstaltung in Zeiten hoher Infektionszahlen fand andernorts statt: auf Twitter zum Beispiel. Die kostenlos verteilten FFP-2-Masken in blau-gelb indes fanden outdoor keinen großen Anklang beim Publikum. Das feierte unter dem Motto „We Stand with Ukraine“ spätestens mit der Grußbotschaft von Sir Bob Geldof das Austro-Live-Aid: „Man kann nicht Freiheit ohne Frieden haben“, sagte der Live-Aid-Initiator.

Festredner Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde gestern Abend gefeiert wie ein Popstar: „Präsident Putin, stoppen Sie diesen Krieg“, appellierte er. „Wenn man diesen Krieg sieht und ein Herz hat, muss man diesen Menschen helfen. Österreich wird helfen. Europa wird helfen.“


Im Zentrum stand dennoch die Musik. Und sie gipfelte am Ende in die gemeinsame Performance von „Imagine“ sowie „Give peace a chance“. Inklusive Papierschlangenfeuerwerk.
„Es passiert hier ein Stück Musikgeschichte – zum guten Zweck“, zeigte sich schon am Nachmittag Sänger und Starmania-Juror Josh erfreut. Mit sensationellem Ergebnis: 810.337 kamen durch die Kartenerlöse zum symbolischen Betrag von 19,91 Euro (1991 wurde die Ukraine unabhängig) herein.


Ö3-Moderator Philipp Hansa heizte den mehr als 40.000 Menschen schon am Nachmittag ein: „Wenn Krieg laut ist, muss Frieden verdammt noch mal lauter sein.“ Das ließen sich die Rocktruppe Eazy rund um die Sängerin Julia Ivanova, das charmante Rap-Doppel Bibiza und Eli Preiss, die Publikumsmagneten Seiler & Speer, Pizzera & Jaus, Bilderbuch, Wanda sowie die Indiestars Yung Hurn und Mavi Phoenix nicht zweimal sagen.

Die Menge tanzte, sprang und schwang die Hände, als hätte es diese Pause nie gegeben. „Für die Ukraine, gegen Krieg!“, legte Mavi Phoenix den Schlachtruf fest. Je später der Abend, desto ausgelassener war die Stimmung. Mit Bilderbuch brachte Mr. Rampensau Maurice Ernst und seine US-Tour erprobte Truppe das Stadion zum Beben. „Wir sind heute hier, ein Zeichen zu setzen“, sagte er. Und: „Wir müssen uns darauf einstellen, in nächster Zeit ein offenes Herz zu haben.“ Kaum war die Sonne weg, erhellte ein Smartphone-Lichtermeer den Abend. Inklusive Schweigeminute und Gänsehautfeeling.


Seiler und Speer sangen dem Wolferl Ambros zu dessen gestrigem 70. Ehrentag ein Ständchen mit „A Mensch möcht i bleibn.“ Und Pizzera & Jaus starteten mit einer A-Cappella-Version von „Die Gedanken sind frei.“ Unter Wanda gab es viel „Amore!“. Der Krieg wurde per Ansage ausgebuht.
So vielschichtig die Acts waren, fast alle schworen die Gemeinschaft zur Solidarität ein. Ina Regen textete sogar ihren Song „Rot“ extra um. „Krieg ist nie die Antwort“, sagte sie. Applaus, Applaus.

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