Es ist kein Sekundentakt mehr, sondern eine einzige Flut, in der die Bilder und Videos aus dem Ukraine-Krieg um die Welt gejagt werden. Kaum vorstellbar, dass es eine Zeit gab, in der die Chronisten mit Staffelei und Pinsel auf das Schlachtfeld gezogen sind. Was blieb, waren alles andere als Momentaufnahmen, sondern meist Bilder – vielfach im Atelier fertiggestellt – heroischer Heldentaten, aber selten abgebildetes Kampfgetümmel, das den Schrecken des Krieges illustrierte. Die Technik mag sich gewandelt haben, aber die Grundintention ist damals wie heute gleich: Bilder aus Kriegen und Konflikten zu liefern und den Betrachter zum Zeugen zu machen.
Die Anfänge der Kriegsfotografie führen uns geografisch dorthin, wo in der Nähe gekämpft wird: Die britische Armee heuerte den Fotografen Roger Fenton an, um ihr Tun im Krimkrieg (1853–1856) zu dokumentieren. Im amerikanischen Sezessionskrieg (1861–1865) erhöhte sich nicht nur die Anzahl der Bilder, sondern es kam zu einem Paradigmenwechsel: Es wurden auch Tote abgebildet. Jene Fotoikonen, die in unserem kollektiven Bildgedächtnis haften geblieben sind, beginnen mit Robert Capa, dem Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939), dem aufkommenden Magazinjournalismus und seinem nicht enden wollenden Bedürfnis nach Bildern.