"Sobald du an der Grenze bist, bricht die Welt auseinander!" Tetyana Prykura kämpft mit den Tränen. Mit ihrem Mann ist die ukrainische Sängerin gerade von einer Fahrt durch Tschechien und Polen nach Lemberg zurückgekehrt, wo sie ihre gehbehinderte Mutter abgeholt hat. Es war eine Odyssee inklusive Wartezeit von acht Stunden an der Grenze und die Erleichterung war groß, als die Familie sich endlich gefunden hatte: "Menschen haben sie im Auto mitgenommen, es waren fantastische Engel!", ist die Tochter erleichtert. Seit der Invasion der Russen hat sie jeden Morgen als erstes ihre Mutter angerufen, die im Badezimmer, dem sichersten Ort der Wohnung saß, und fragte sie: "Lebst du noch?" Die ukrainische Sopranistin ist seit zehn Jahren Mitglied im Stadttheater-Chor, davor studierte sie in Stuttgart. Jetzt versteht sie die Welt nicht mehr: "Es ist wie ein furchtbarer Traum, unglaublich, sobald du dort bist und das siehst."
Von Karin Waldner-Petutschnig