Der Kärntner Autor und Verlger Lojze Wieser (Wieser Verlag) ist seit langem ein Mahner gegen Krieg und Gewalt. Als Protest gegen die Invasion Russlands in der Ukraine hat der 67-Jährige nun ein vielsprachiges Gedichtprojekt initiiert. Die Urfassung auf Deutsch und Wiesers Muttersprache Slowenisch stammt dabei von ihm selbst. In 48 Stunden kamen nun 47 weitere Sprachvarianten von Unterstützern via Facebook hinzu.
"Aus einem morgendlichen Aufschrei wurde ein vielstimmiger internationaler Protest", so Wieser, der zu weiteren Übersetzungen aufruft: "In den Worten, in den Sätzen, in der Fantasie liegt alles verborgen, wir müssen es nur gemeinsam, über alle Grenzen hinweg, finden wollen. Auch wenn es heute aussichtslos erscheinen mag. Trotz alledem!"
"Europa hat, durch seine innere Konstellation und dadurch, als Erfinder der Demokratie und Menschenrechte zu gelten, die Chance, vergangene Versäumnisse zu korrigieren und neue Wege zu gehen. Der Frieden wird in Kenntnis der Unterschiede durch Achtung und Würde zu finden sein – in der jeweiligen Kultur und Sprache, die dadurch zur Sprache der Menschenrechte wird, unabhängig von Nation, Staat und Religion", appelliert Wieser auf seiner Internetseite an eine Umkehr: "Die radikale Abkehr von der Sprache der Aggression, des Krieges, des Nationalismus und der Verteidigung von Privilegien – alles überkommene und falsche Haltegriffe – würde das Tor für in der Zukunft liegende Lösungen öffnen."
Lojze Wiesers Gedicht im deutschen Wortlaut:
"Hier und Dort
Hier Sonne / Dort Bomben
Hier Frieden / Dort Tränen
Hier Zukunft? / Dort Graus!
Wohin gehen wir?"
Martin Pollack: "Das ist ein Angriff auf Europa"
Für den Autor, Journalisten und Übersetzer Martin Pollack ist die Einschätzung des Ukraine-Kriegs eindeutig: "Das ist ein Angriff auf Europa. Wir sind es, die angegriffen werden. Wir müssen uns zu Wehr setzen." Er wisse sich da völlig einig mit der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, mit der er im September in Wien ein öffentliches Gespräch führte und die sich zuletzt genauso geäußert habe. Pollack ist einer der besten heimischen Kenner Osteuropas.
"Ich bin ganz desperat", sagt Martin Pollack am Samstagvormittag im Telefonat mit der APA. "Die Situation ist auch für mich ganz persönlich ein unglaublicher Schlag. Ich habe viele Freunde in der Ukraine. Mit einigen habe ich in den vergangenen Stunden telefonieren können. Eine junge Autorin aus Lviv hat dabei geweint. Sie befindet sich gerade auf einem Fußmarsch durch den Schnee zur polnischen Grenze."
London erteilt Bolschoi-Ballett eine Absage
Als Reaktion auf Russlands Angriff auf die Ukraine hat das Londoner Royal Opera House Gastauftritten des weltberühmten Moskauer Bolschoi-Theaters eine Absage erteilt. "Eine Sommersaison des Bolschoi-Balletts am Royal Opera House war in den letzten Zügen der Planung", teilte das Konzerthaus mit: "Angesichts der aktuellen Umstände können die Auftritte leider nicht wie geplant stattfinden." Das Bolschoi betonte am Samstag, es habe wegen Corona ohnehin keinen Vertrag gegeben.