Nachdem am Donnerstagabend die Wiener Philharmoniker und die New Yorker Carnegie Hall angekündigt hatten, bei einer ab heute, Freitag, angesetzten Konzertserie auf das Dirigat des putinfreundlichen Stardirigenten Valery Gergiev zu verzichten, zog nun auch die Mailänder Scala nach. So stellten laut italienischen Medienberichten Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala und Scala-Intendant Dominique Meyer dem Dirigenten ein Ultimatum.
"An der Scala ist eine 'Pique Dame' unter dem Dirigat des russischen Maestros angesetzt, der vielfach seine Nähe zu Putin erklärt hat. Gemeinsam mit Intendant Dominique Meyer fordere ich ihn nun auf, eine klare Position gegen diese Invasion zu beziehen. Sollte er dies nicht tun, sehen wir uns gezwungen, von der Zusammenarbeit Abstand zu nehmen", heißt es im Schreiben Salas. Beim Auftakt des Engagements am Mittwoch war Gergiev mit einzelnen Buhs, überwiegend aber Applaus gewürdigt worden. Die von der italienischen Theatergewerkschaft im Vorfeld geforderte Friedensbotschaft blieb dabei allerdings aus.
Auch die dreiteilige Konzertreihe der Wiener Philharmoniker mit dem russischen Stardirigenten Valery Gergiev in New York war angesichts der Invasion Russlands in der Ukraine in die Kritik geraten, gilt der 68-jährige Gergiev doch seit Langem als dezidierter Unterstützer von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er war in Wahlwerbespots für den Kreml-Herrscher aufgetreten oder hatte 2014 einen offenen Brief unterzeichnet, der die Annexion der Krim befürwortete.
Auch gilt der aus einer nordossetischen Familie stammende Gergiev als mächtigste Figur im russischen Kulturbetrieb, steht er doch seit 1996 dem St. Petersburger Mariinsky-Theater vor. Bereits seit der Annexion der Krim durch Russland finden sich deshalb bei Gergiev-Auftritten immer wieder Protestierende vor den Konzerthäusern. Auch vor der Carnegie Hall fanden sich meist einige ukrainische Aktivisten ein, um gegen den Maestro zu protestieren – Proteste, deren Dimensionen angesichts der aktuellen Entwicklung wohl deutlich größer ausgefallen wären.
Die Wiener Philharmoniker, selbst nicht Veranstalter der Carnegie-Auftritte, waren im Laufe des Donnerstags zunächst noch um Beruhigung bemüht und verwiesen auf die Jahrzehnte lange künstlerische Partnerschaft mit Gergiev. "Die Kultur darf nicht zum Spielball von politischen Auseinandersetzungen werden", sagte Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer in einem Statement, in dem er zugleich jede Art von Gewalt und Krieg verurteilte: "Die Musik hat für uns immer etwas Verbindendes und nichts Trennendes."
Die Wiener Philharmoniker sind dabei nicht das einzige Orchester, das sich angesichts der russischen Aggression zum Handeln gefordert sieht. Vladimir Jurowski, russischer Chefdirigent des Berliner Rundfunk-Sinfonieorchesters, gab am Donnerstagabend bekannt, das geplante Programm seines Klangkörpers am Wochenende geändert zu haben. Anstelle eines geplanten rein russischen Programmes werde man nun die ukrainische Nationalhymne auf eine Melodie des Komponisten Mychajlo Werbyzkyj und dessen Sinfonische Ouvertüre Nr. 1 spielen. Mit der Programmänderung "wollen wir ein Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk setzen", hieß es.