Der seit mehr als vier Jahren ohne Verurteilung inhaftierte türkische Kulturmäzen und Menschenrechtsaktivist Osman Kavala bleibt in Haft. Das entschied ein Gericht in Istanbul am Montag in Abwesenheit des Angeklagten. Dem 64-Jährigen wird versuchte Destabilisierung des Landes vorgeworfen. Er wird beschuldigt, die gegen die Regierung gerichteten Gezi-Proteste im Jahr 2013 unterstützt zu haben. Ihm droht lebenslange Haft. Neben Kavalas Ehefrau waren auch mehrere Diplomaten – insbesondere aus Deutschland, Frankreich und den USA – sowie der Berichterstatter des EU-Parlaments für die Türkei, Nacho Sánchez Amor, während der Gerichtsverhandlung anwesend.
Der Europarat hatte wegen Kavalas unrechtmäßiger Inhaftierung im Dezember ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet, nachdem Ankara eine Anordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Kavalas Freilassung ignoriert hatte. Die Türkei könnte im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens ihr Stimmrecht oder sogar ihre Mitgliedschaft im Europarat verlieren. Ankara wirft dem Europarat vor, sich in "die Unabhängigkeit von Gerichtsverfahren" in der Türkei einzumischen.
"Es ist schwer zu verstehen, warum die Türkei den Anordnungen des Gerichtshofs nicht nachkommt, obwohl sie Teil dieser Gerichtsbarkeit ist", sagte Sánchez Amor der Nachrichtenagentur AFP. Ankara werde "den Konsequenzen nicht entgehen".