Es passiert nicht häufig, dass Menschen für sich selber einen Ort finden, der sie glücklich macht. „Bestimmung“ ist ein großes Wort, aber manchmal passt es. Mein Freund Christian Jauernik ist so ein Mensch. Er führt ein kleines Geschäft in der Kettenbrückengasse in Wien, das den hübschen Namen „Besen und Spaghetti“ trägt. Und tatsächlich führt er in seinem kleinen Sortiment die besten Besen und die besten Spaghetti der Welt. Daneben verkauft er alles Mögliche, aber jeweils nur das seiner Meinung nach beste Produkt.

Das beste Messer, das beste Holzbrett, die beste Einkaufstasche, die beste Lampe. Er weiß über jedes Produkt eine Geschichte zu erzählen. Von dem Paar, das den Kartoffelschnaps nach dem Rezept des Großvaters herstellt oder von der Messermacherin, die aus Solingen kommt und das Geschäft von ihrem Großvater übernahm. Sie packte ein von ihrem Großvater hergestelltes Messer ein und fuhr nach Japan, um von den besten Messermachern zu lernen. Die japanischen Messergurus waren erst sehr arrogant zu ihr, aber dann wickelte sie das Messer ihres Opas aus dem Tuch und den Japanern fielen die Augen aus dem Kopf. Ehrfürchtig betrachteten sie das Messer, testeten die Klinge und gaben es ihr zurück, als hätten sie Gottes Werk begutachtet. Diese Messer gibt es jetzt bei Christian zu kaufen und die beste Fliegenklatsche der Welt, die in der damals noch existierenden DDR entwickeln worden ist und zu 100 Prozent funktioniert.

Tolle Sachen, aber das Tollste ist es, wenn ich ihn in seinem Laden besuche und beobachte, wie glücklich seine Kundinnen und Kunden sind, wenn er sie berät und Anekdote um Anekdote zu den schönen Dingen erzählt. Er strahlt, die KundInnen strahlen, ich betrachte alle und werde auch glücklich.

Man braucht gar nicht so viele Dinge, sondern gute. Diese Kolumne will keine Werbeschaltung für sein Geschäft sein, sondern zeigen, dass es, trotz all dem Wahnsinn um uns herum, Oasen des Glücks gibt, oder, wem das zu groß klingt: der Zufriedenheit. Denn Christian ist es. Sein kleines Geschäft macht ihn froh. Und wenn man mit ihm an seinem langen Holztisch sitzt und Espresso trinkt, dazu ein Stamperl des Kartoffelschnapses der Burgenländer und wenn dann die Tür aufgeht und mit ihr Christians Herz, dann pfeif ich auf Corona. Und freu mich auf die nächste Geschichte. Über den Klobesenmacher, der für alte Menschen einen Klobesen mit langer Stange erfunden hat, dass sie sich nicht bücken müssen. Oder den Teppichpracker, der aussieht, wie der meiner Uroma. Und richtig prackt. Denn pracken müssen die Dinge, dass sie uns packen.

Im Sommer sitzt er auf einem Sessel vor seinem Geschäft in der Sonne und die Leute kommen aus der ganzen Welt, weil dieser klitzekleine Laden neben Schloss Schönbrunn und dem Heldenplatz in vielen Reiseführern steht – als „Place to be seen“. Ich kaufte zuletzt Eierbecher aus Plaste und Elaste. Hühner aus DDR-Plastik. Die werde ich meiner Mutter zeigen. Sie kennt sie vielleicht noch, weil sie dort aufwuchs. Dann wird ihr Herz aufgehen und meins auch. Denn so funktioniert Glück. Indem andere glücklich werden. Und nicht, indem man Pflegerinnen und Ärztinnen bedroht, die sich bemühen, Leben zu retten. Da sind mir Eierbecher aus Plaste und Elaste lieber.