Es ist nicht das erste Mal, dass Oksana Lyniv, zuletzt Chefdirigentin der OperGraz, Neuland betritt. Im Juli eröffnete sie als erste weibliche Dirigentin in der 145-jährigen Geschichte des Festivals die deutschen Opernfestspiele in Bayreuth. Sie dirigierte Richard Wagners "Fliegender Holländer" vor einem begeisterten Publikum, zu dem auch die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gehörte.
"Als ich den Brief vom Teatro Comunale erhielt, war mir nicht klar, dass ich die erste weibliche Dirigentin an einem italienischen Opernhaus sein würde. Ich fühle mich sehr geehrt und bin glücklich, Teil dieses historischen Wendepunkts zu sein", sagte Lyniv laut der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Dienstagsausgabe).
Die in Brody in der Westukraine als Tochter von Musikern geborene Lyniv dirigierte ihr erstes Orchester im Alter von 16 Jahren, bevor sie an der Lysenko-Musikschule in Lviv studierte. Vor ihrem Engagement in Graz war Lyniv an der Bayerischen Staatsoper in München Assistentin von Stardirigent Kirill Petrenko.
"Es gab kein lebendes Beispiel für eine Frau, von der wir lernen oder Ratschläge erhalten konnten. Heute ist es weniger schwierig - in den Orchestern gibt es heute viel mehr Frauen. Die Bedingungen sind jetzt viel besser, da die Gesellschaft mehr über Gleichberechtigung nachdenkt. Junge Dirigentinnen sollten sich also nicht zurückhalten, sie sollten die Chancen ergreifen und sich durchsetzen", so Lyniv.
Italien sei "ein sehr wichtiger Ort für die Künste und die Oper und es ist wichtig, dass dieser Wandel jetzt stattfindet". Eines ihrer Ziele während ihrer Amtszeit sei es, mehr junge Menschen für die Oper zu begeistern, sagte die Dirigentin. Ihre erste Opernproduktion wird Andrea Chénier von Umberto Giordano sein. Lyniv wird auch die Musik einiger ihrer Lieblingskomponisten dirigieren, darunter Wagner, Tschaikowsky, Bruckner, Richard Strauss und der ukrainische Komponist Boris Lyatoshinsky.
Das Teatro Comunale in Bologna zählt zu Italiens prestigereichsten Opernhäusern. Es wurde 1763 mit einer Aufführung von Christoph Willibald Glucks "Il trionfo di Cleclia" eröffnet und beherbergte später Wagner sowie einige der größten italienischen Komponisten, darunter Verdi, Rossini und Bellini.