Herr Støre ist Norwegens neuer Ministerpräsident und hat angekündigt, schon 2025 nur noch Elektroautos neu zuzulassen. Das ist der Vorteil, wenn man als Ministerpräsident Zeit hat, sich mit wichtigen Fragen zu befassen und nicht immer nur chattet. Denn letztlich, ist es für uns alle wichtiger, wie es der Welt geht, als wie es Sebastian Kurz geht. Sein „Geilomobil“ darf in Norwegen nicht mehr zugelassen werden und ich frage mich noch heute, wie es damals zugelassen werden konnte. Unter ernsthaften Menschen mit einer Synapse fürs Genieren. Geil ist eben nicht die Macht für sich, sondern nur, wenn sie genutzt wird für etwas Größeres. Das hat Herr Støre gelernt, als er Staatswissenschaften studierte.
Geschichte ist auch ein empfehlenswertes Studium und Peter Payer ist Historiker. Ich gehe nicht oft zu Buchpräsentationen, aber als Peter Payer sein neues Buch „Auf nach Wien“ vorstellte, war ich in der Buchhandlung Hartlieb gestellt, denn seine Bücher beschäftigen sich mit Alltagsgeschichte und sind voller interessanter Schmankerln. In einem der Texte geht es um die Geschichte der Autogarage in Wien. In London gab es bereits 1901 die erste Garage, in Wien dauerte es bis 1920. Cesar Karrer war der Garagenvorreiter und sein Parkhaus in der Trautsongasse nannte er glamourös „Astoria Garage“. Karrer wurde zum Parkmogul.
Er gründete den „Verband der Garagenbesitzer Wiens“ und in der dazugehörigen Fachzeitschrift „Die Garage“ debattierte man sämtliche Belange des neuen Berufsstandes. Wien wurde von einem „Garagengründungsfieber“ erfasst und hatte in der Relation zu anderen Großstädten schnell eine extrem hohe Dichte bei vergleichsweise wenigen Autos. Viele der Garagen hatten auch chic klingende Namen: „Apollo-Garage“ oder „Elite Garage“. Es gab in den Garagen Reparaturwerkstätten, Tankstellen und Waschanlagen. „Über schön angelegte Serpentinen, wie auf einer Bergstraße, fahren die Autos hoch und stellen sich im ersten Stock genauso in Reih und Glied auf wie im letzten Stock“, schwärmte die „Kleine Volkszeitung“. Nach dem Zweiten Weltkrieg explodierte die Zahl der Kraftfahrzeuge und in Wien ging man in die Tiefe. So wurde 1962 die „Votivpark-Garage“ eröffnet. 600 Stellplätze, ein multifunktionaler Autoabstellplatz. „Hostessen in weinroten Uniformen wiesen die Parkenden auf Rollschuhen ein.“
Im Parkhaus gab es Drive-in-Schalter für Bankgeschäfte, ein Büro für Theaterkarten und ein Restaurant, in dem man bei Opernmusik essen konnte. Wow. Heute sind Tiefgaragen in Filmen immer Schauplätze von Verbrechen, damals traf sich das „Who is Who“ im Parkhaus. Da waren Autos noch Geilomobile, Sebastian. Aber da wusste man auch noch wenig über die Erwärmung des Klimas. Ehrlich? Ich finde Herrn Støre und Herrn Payer interessanter als den jungen Doppel-Ex-Kanzler. Und „Auf nach Wien“ (Czernin Verlag) ist als Empfehlung zu verstehen.
Dirk Stermann