"Wolltest du schon immer berühmt sein?", fragt Eva ihren Franz kurz nach seinem legendären Sieg bei den Olympischen Spielen am Patscherkofel. „Ich wollte immer nur Skifahren“, sagt er - und genau das machte er am 5. Februar 1976 vor 60.000 Menschen im Zielhang. Sein Olympiagold hat sich ins kollektive Gedächtnis der sogenannten Skination eingebrannt. Die Presse hatte ein Duell zwischen Bernhard Russi und Franz Klammer herbeigeschrieben, aus dem der Kärntner mit 33 Hundertstelsekunden Vorsprung als Sieger hervorging. Ein TV-Kommentator meinte: „Er staubte die Konkurrenz ein.“
Im heimischen Film-Mammutprojekt „Klammer – Chasing the Line“ konzentriert sich Regisseur und Komödienspezialist Andreas Schmied („Love Machine“) auf fünf Tage rund um den Tag X. Er legt die am Montag beim Zurich Film Festival uraufgeführte Leinwand-Hommage als opulente Heldentat im Hollywoodstil an – bei heimischem Budget. Die Synthesizer der 1970er fliegen einem um die Ohren (Musik: Manfred Plessl) und bei den Rennen wird großes Action-Equipment (Kamera: Andreas Thalhammer, Xiaosu Han) ausgepackt.
Kostüme und Ausstattung sind wie ein großartiger Trip in eine längst vergessene Zeit: Es wimmelt vor alten Autos wie einem quietschgelben BMW 2002 tii oder einem roten Alfa Romeo Spider (die früheren Autos der Klammers), Rollkragenpullis, Pudelhauben, Boots und halluzinativen Tapeten. Die Analogkameras blitzen, die Schreibmaschinen rattern und die Zigarettenenden glühen.
Schmied fokussiert zunächst auf den Druck, der auf dem 22-Jährigen lastet und porträtiert ihn nicht nur als Spitzensportler, sondern als Zaudernden. Alle wollen ihn siegen sehen. An dieser Bürde scheint der charismatische Abfahrer im Olympiadorf fast zugrunde zu gehen. Die Firma Fischer will ihn mit einem neuen, 2,5 Millionen Schilling teuren Ski antreten lassen. Klammers Kommentar: „Der hat ein Loch: wie a Kas.“ Er vertraut auf sich, fährt weder im goldenen Anzug („Ganzkörperblausiegel“) noch auf Ski mit Loch. Der Rest ist Sportgeschichte.
Der junge Kärntner Julian Waldner verkörpert die Zerrissenheit Klammers zwischen Angst und Siegessicherheit wunderbar, ihm ist ein erfrischender Cast zur Seite gestellt: Valerie Huber als von der Liebe überrollte Eva Klammer, Harry Lampl als Reporterlegende Heinz Prüller, Hanno Waldner als Gustav Thöni, Raphaël Tschudi als Bernhard Russi oder Markus Zett als Sportreporter Michael Kuhn.
Ein Triumph ist ein dankbarer Stoff. Der Film verlässt sich aber nicht auf die aufgelegte Heldenerzählung, sondern fügt eine Lektion Sporthistorie, eine Lovestory, Humor und einen Selbstfindungstrip bei. Seitenhiebe und Kritik auf den materialisierten Spitzensport, den ÖSV und Trainer-Methoden fallen abgesoftet und wohldosiert aus.
Fazit: Es ist großes, unterhaltsames und atmosphärisch dichtes Kino, das Franz Klammer alle Ehre erweist. Und einen Lauf wie 1976 hätte sich das Biopic auch verdient. Ab 28. Oktober im Kino.