Am 19. Mai wird es im Bereich der Kultur und allen Veranstaltungsbereichen Öffnungsschritte geben, das teilte die Bundesregierung in einer Pressekonferenz am Freitag mit. Bei Veranstaltungen heißt das zum Beispiel, dass indoor maximal 1500 Personen zugelassen sind, outdoor 3000 Personen. Jedoch nur mit Maske und zugewiesenen Sitzplätzen. Jedoch dürfen Veranstaltungsorte mit "fixen Sitzplätzen nur zu maximal 50 Prozent ausgelastet werden".
"Wir rechnen, dass wir spätestens mit 1. Juli die Sicherheitskonzepte reduzieren können", stellte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer Pressekonferenz am Freitag weitere Lockerungen in den Raum.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) freute sich auch als Privatperson: "Es wird wieder was möglich. Freude ist nicht gleich Leichtsinn, das bitte nicht vergessen." Tests, so Kogler, werden eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Am 19. Mai heißt es, so Kogler, wieder Vorhang auf: "Man kann wieder in die Theater, Oper, Kino." Skeptisch zeigte sich in einer eigenen Pressekonferenz davor hingegen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): Er werde erst Anfang kommender Woche gemeinsam mit Expertenteams darüber entscheiden, ob der Ost-Lockdown (in dem etwa auch Museen und Ausstellungshäuser derzeit geschlossen sind) so wie in Niederösterreich auch in der Bundeshauptstadt am 2. Mai auslaufen soll. "Wir werden sehr vorsichtig schrittweise Entscheidungen treffen."
Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer stellte dazu fest: "Wir werden nach sehr langer Zeit wieder Kunst und Kultur live erleben können. Ich bin froh und erleichtert, dass es uns gelungen ist, jetzt einen Weg vorzuzeichnen, der für die vielen Menschen in der österreichischen Kunstszene eine Perspektive für die nächsten Monate gibt. Wir geben der Branche damit jene Planungssicherheit, die sie so lange eingefordert hat und die sie verdient. Ich habe mich in den letzten Monaten auf nichts mehr gefreut als auf diesen ersten Öffnungsschritt, mit dem wir der Kunst- und Kulturszene Hoffnung und Perspektive geben können."
Der Kleinen Zeitung verriet Mayer, man habe bei den Vorbereitung darauf geachtet, "praxistaugliche Öffnungsschritte zu setzen, mit Besucherzahlen, die das Wort Publikum auch verdienen". Für den Juli hoffe sie, "dass wir weitere großzügige Öffnungsschritte umsetzen. Wenn die die Teststrategie aufgeht und mehr Menschen geimpft sind, werden wir weitere Perspektiven schaffen können", gibt sich Mayer zuversichtlich. Vorerst gilt das jedoch nur für Events mit zugewiesenen Sitzplätzen: "Großveranstaltungen mit 100.000 BesucherInnen zu planen wird schwierig bleiben - ich möchte da keine falschen Hoffnungen nähren", so die Kultur-Staatssekretärin. Das "Geimpfte, Getestete und Genesene", wie die Regierung das nun zusammenfasst, von den Veranstaltern kontrolliert werden, hält sie "für durchführbar. Das ist Common Sense und von den Veranstaltern auch so akzeptiert."
Reaktionen aus der Szene
Das Wiener Burgtheater wird einen ganzen Schwall von Inszenierungen zeigen. Martin Kušej: "Ich freue mich darüber, dass es jetzt wieder los geht und wir wieder Theater zeigen können. Selbstverständlich steht die Gesundheit aller im Theater weiter an oberster Stelle. Experten-Studien wie die vom Fraunhofer Institut hatten festgestellt, dass mit Mund-Nasenschutz, ausreichender Frischluftzufuhr und Abstand praktisch keine Beeinflussung durch Aerosole eines Zuschauers auf den Nachbarplätzen festzustellen ist und damit der Zuschauerraum als sicherer Ort gilt." Zur Premiere kommen ab 19. Mai Oscar Wildes "Bunbury", Thomas Bernhards "Die Jagdgesellschaft", August Strindbergs "Fräulein Julie", Maurice Maeterlincks "Pelléas und Mélisande" sowie die Uraufführung "Alles, was der Fall ist" über Ludwig Wittgenstein im Akademietheater.
Im Burgtheater selbst wird man nicht spielen können: In der Spielstätte beginnen ab Mitte Mai Baumaßnahmen im Zuschauerraum (es geht um den Austausch der Bestuhlung und den Einbau einer Kllimaanlage). "Die schon lange geplante und dringend notwendige Sanierung wird aufgrund von Pandemie-bedingten Planungsunsicherheiten von Mitte Juni auf Mitte Mai vorgezogen. Diese Entscheidung wurde zwingend fällig, um dann pünktlich im Herbst wieder öffnen zu können", heißt es von seiten des Burgtheaters. Aus technischen und vergaberechtlichen Gründen (es handle sich um eine europaweite Ausschreibung) sei es nicht möglich gewesen, die Arbeiten noch weiter vorzuziehen, sagte der Chef der Bundestheater-Holding Christian Kircher, der darauf verwies, dass das seit Anfang November 2020 andauernde Veranstaltungsverbot nie einen langfristigen Planungsvorlauf ermöglicht habe. Abgesehen vom Burgtheater werden alle Häuser der Bundestheater ihren Spielbetrieb aufnehmen.
Michael Nemeth vom Musikverein Graz: "Wir werden spielen. Wir hätten am 19. Mai schon ein Konzert mit Julian Rachlin, ob sich die Termine vor Pfingsten noch ausgehen, müssen wir in den nächsten Tagen klären. Aber wir werden direkt nach Pfingsten in den Konzertbetrieb einsteigen. Am 26. Mai mit einem Liederabend von Camilla Nylund. Es ist sehr positiv, dass bereits Geimpfte keinen Negativ-Test vorweisen müssen."
Bernhard Rinner, Geschäftsführer der Bühnen Graz: "Die Durststrecke wird am 19. Mai beendet. Die Bühnen Graz freuen sich, wieder für das Publikum spielen zu dürfen. Wir werden mit voller Kraft an diesem Eröffnungsmoment arbeiten. Auch wenn die Saison in den Sommer nciht mehr lange dauert, so wird nun umso größeres Engagement in die Überzeugungskraft des Theaters gesetzt." Aus der Grazer Oper heißt es: "Wir alle sehnen das Gemeinschaftserlebnis einer Liveaufführung im Opernhaus herbei, und so arbeiten wir nun, wo ein konkretes Öffnungsszenario bekannt ist, mit Freude an einem neuen, adaptierten Spielplan, den wir so bald als möglich publizieren." Mitte kommender Woche soll es soweit sein, dann wird auch das Grazer Schauspielhaus die Details zum Restprogramm bekanntgeben. Iris Laufenberg: "So viel sei schon verraten: Wir zeigen unter anderem den musikalischen Theaterabend von Sandy Lopičić und Ensemble ,Ois offn! sowie die politische Satire nach` Charlie Chaplin, ,Der große Diktator' mit Julia Gräfner und Alexej Lochmann."
Klaus Kastberger, Leiter des Grazer Literaturhauses Graz, ist naturgemäß ebenfalls froh über die Öffnungen und hofft darauf, dass es nicht wieder zu einer Schubumkehr kommt. "Wir haben offenbar hellseherische Fähigkeiten gehabt und ab Mitte Mai ein tolles Live-Programm." So wird am 20. Mai Barbara Frischmuth im Literaturhaus ihr neues Buch präsentieren, ebenfalls an diesem Tag findet im Rahmen des Projektes "Wortwechsel" ein literarischer Spaziergang durch Graz statt - mit Publikum. "Und als weitere Lesungen stehen dann Michael Köhlmeier, David Schalko und Austrofred auf dem Programm." Etwas skeptisch ist Kastberger noch bezüglich der Tests, die beim Eintritt verlangt werden. "Wir werden auch das schaffen, aber da warten wir noch auf genauere Informationen." Etwa: "Welche Tests müssen das sein, reicht die Bestätigung auf dem Handy oder muss das Ergebnis ausgedruckt sein?"
Ernest Hoetzl vom Musikverein Kärnten meldete sich auch zu Wort: "Das war die letzte Chance für den Musikverein Kärnten, die Saison noch zu retten. Wir holen jetzt bis in den Sommer alle Konzerte nach. Weil wir ja nur 50 Prozent der Plätze verkaufen können, werden alle Konzerte zweimal hintereinander gespielt. Dankenswerterweise haben dem alle Musiker und Orchester zugestimmt.
Im Haus styriarte will man auf jeden Fall am 19. Mai starten: "Am ersten Tag, der möglich ist, sperren wir auf",nverrät Pressechefin Claudia Tschida: "Da können wir unser Publikum wieder live treffen, und das werden wir tun." „Willkommen zurück!“ heißt die Vorstellung, die noch am Freitag für den Öffnungstag angesetzt wurde - auf der Grazer Schloßbergbühne. Begonnen wird um 18 Uhr. "Vier Lieblingsensembles des Hauses styriarte machen fröhliche Musik zwischen Monteverdi und John Lennon", verrät Tschida, vorab, Karten wird es ab 27. April im styriarte-Kartenbüro geben. Auch bei der Kartenabwicklung fürs Sommerfestival ab 25. Juni laufe alles wie geplant: Man habe genau mit der "50-Prozent-Auslastung gerechnet und deshalb auch mit zwei Terminen pro Abend eingeplant."
"Sobald alle Details veröffentlicht sind, können wir die Situation noch besser einschätzen", stellt "La Strada"-Chef Werner Schrempf fest. Der Leiter des Grazer Festivals für Straßen- und Figurentheater hat einen Vorschlag: "Fein wäre es, wenn es die Möglichkeit gäbe, auch individuelle Präventionskonzepte vorzulegen, um so der vielfältigen Kulturlandschaft gerecht zu werden. Ich bin überzeugt, wir können einen wesentlichen Beitrag zu allgemeinen Verbesserung leisten.“
Gerhard Lehner, klagenfurter ensemble: klingt etwas pessimistischer: "Wir wollen im Mai noch die Jonke-Suite spielen - vorausgesetzt, es wird wirklich aufgesperrt. Ich glaube nämlich, dass die Zahlen das in Wahrheit noch nicht hergeben." Für Stefan Schweiger, den Leiter der Trigonale in Kärnten, steht mit den jüngsten Lockerungen fest, dass "voraussichtlich vier oder fünf Konzerte“, die ab 12. Mai angesetzt waren, stattfinden können. Sie alle waren bereits für letztes Jahr geplant, doch darüber zu klagen, wäre „ein Jammern auf hohem Niveau“. Schweiger: „Die Subventionsgeber haben wirklich gut auf uns geschaut. In den 13 Jahren, seit ich dabei bin, habe ich noch nie erlebt, dass Ansuchen so schnell und kulant erledigt wurden“. Das erste Trigonale-Konzert soll nun am 20. Mai im St. Veiter Rathaus über die Bühne gehen. Das eigentliche Festival-Programm für 2021 wolle man in den Wochen darauf präsentieren.
"So wie es aussieht, sperren wir am 19. Mai wieder auf", sagt Barbara Brunner. Sie plane, so die Chefin des Kinos KIZ Royal in Graz, täglich aufzusperren. Aufgrund der Sperrstunde um 22 Uhr werden die Beginnzeiten einzelner Filme nach vorne verlegt werden. Der große Saal zähle rund 330 Personen. "Wenn wir 150 Plätze zusammenbringen, wäre das schon ein gutes Zeichnen", betont Brunner. Für die genaue Filmplanung sei es zu früh: Kleinere Filme wie "Bitte warten" oder "Davos" stehen jedoch zur Verfügung. "Wir freuen uns auf jeden Fall, dass wir wieder spielen können."
Auch das Grazer Filmzentrum im Rechbauerkino sperrt, sobald es darf, wieder auf: "Wir haben gerade beschlossen, dass wir definitiv am 19. Mai wieder aufsperren", sagt Inhaber Dieter Pochlatko. Mit welchem Film genau, wisse er noch nicht, aber "auf jeden Fall mit einem anspruchsvollen". Und: "Ich freue mich schon sehr aufs Wiederaufsperren."
Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren: "Nach über einem halben Jahr Schließzeit sollen jetzt Kunst- und Kultureinrichtungen ab 19. Mai wieder öffnen können. Nicht wenige der Einrichtungen hatten überhaupt ein Jahr lang ,spielfrei' oder mussten zwei Jahre hintereinander ihre Festivals oder anderen jährlich stattfindenden Veranstaltungen absagen. Wenn der Kunst- und Kulturbetrieb nun zurückkehrt, dann unter extrem geänderten Bedingungen und ohne die Möglichkeit, nahtlos fortsetzen oder an die Zeit vor der Pandemie anknüpfen zu können. Für viele der Kunst- und Kultureinrichtungen stellt sich daher die Frage, ob sie sich die Öffnung auch finanziell leisten können."
Allein gelassen fühlt sich hingegen Frequency-Veranstalter Harry Jenner. Was das für August in St. Pölten geplante Großfestival mit bis zu 40.000 Besucherinnen und Besuchern pro Tag betrifft, "sind wir leider in einer unerfreulichen Warteschleife und bekommen kein Feedback, ob und wie, oder auch nicht aufgesperrt werden kann", erklärte Jenner. "Es schaut sich auch aktuell niemand die Öffnungskonzepte an, um uns zumindest einen Ansatz zu geben, wie es vielleicht geht und ob man sich in diese Richtung orientieren könnte." Stattdessen fühle er sich wie auf der Titanic, mit der Regierung als Kapitän: "Da draußen ist irgendwo ein Eisberg, aber der Kapitän unternimmt nichts. Die Passagiere sind am Ende die Armen."
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sagte im Rahmen der Pressekonferenz am Freitag, dass "behutsame Öffnungsschritte" wichtig seien, aber: "Mein wichtigstes Ziel, die Gesundheitsversorgung." Denn die Pandemie sei noch nicht vorbei. Öffnungen am 19. Mai "Ja", aber man müsse sich auch an die Regeln halten. Wichtig sei, dass man die Impfungen wahrnimmt.
In Berlin schließen Museen wieder
Nach nur wenigen Wochen schließen die Museen in Berlin wieder. Grund sind die neuen Bundesregeln im Kampf gegen das Coronavirus. "Ab 23. April müssen daher leider sämtliche Museen und Gedenkstätten - und somit auch alle Ausstellungen der Staatlichen Museen zu Berlin - geschlossen bleiben", teilten diese mit. Mitte März hatten die ersten Ausstellungshäuser in der Hauptstadt unter strengen Sicherheitsvorschriften wieder geöffnet.