Auch wenn es mich selbst mitunter überrascht, lebe ich in einem Leben, in dem Vögel eine erstaunlich große Rolle spielen. In meiner Kindheit brüteten jedes Jahr Amseln am blumenwilden Balkon, und ich sah erst der wundersamen Verwandlung von Ei zu Sein zu, dann, wie die winzigen Wesen aus ihrer fragilen Durchsichtigkeit herauswuchsen und zu Tieren wurden, die davonflogen. Wenn die Eltern nicht wiederkamen, zog mein Vater sie mit mir auf, wir gruben morgens in unseren gestreiften Pyjamas nach Regenwürmern, jagten unter den Augen verstörter Nachbarn Insekten, flatterten um die nackten Vögelchen herum, und bekamen sie Federn, teilte ich allen, die es hören wollten, glücklich mit, sie hätten schon ein Fell – eine Fehleinschätzung, für die mich meine Familie noch heute zu jedem unpassenden Anlass auslacht.
Über die Zeit bekümmerten wir unzählige Tiere, wurden von einer Grasmücke terrorisiert, adoptierten einen Grünspecht, der alle hasste, nur meine Mutter liebte, lebten über zwei Jahre mit einer einäugigen Krähe zusammen, die, als all ihre schlimmen Verletzungen ausgeheilt waren, wieder in die Freiheit zog, und manches Mal auf einem Baum im Garten saß, um uns aus der Ferne zu grüßen. Später lernte ich einen Mann kennen, der sich der Hobbyornithologie verschrieb, einem Expertentum, das ihn vor keinem Missverständnis bewahrt. So sehr er die Vögel liebte, so wenig konnte er sie oft auseinanderhalten.