Die leeren Reihen im Saal und die online zugeschalteten Zuschauer, die Applaus gespendet haben: Das Neujahrskonzert gestern war so etwas wie die Quintessenz des Jahres 2020. Die Leere des öffentlichen Raums und Lebens und der Versuch, wenigstens über das Internet so etwas wie Gemeinschaft herzustellen, das hat man seit vergangenem März immer wieder selbst erlebt und praktiziert. Und irgendwann wohl auch genug davon gehabt.
Für viele, die sonst nicht so häufig mit Kultur dieser Art in Berührung kommen, war bei der TV-Übertragung des Konzerts eventuell auch zum ersten Mal die absurde Notlage erkennbar, in die Corona die Kultur gestürzt hat. Da spielt eines der besten Orchester der Welt unvergleichlich schön und beeindruckend Wiener Walzer und Polkas und danach – nichts. Stille im leeren Raum. Keine Bravorufe, keine strahlenden Gesichter. Kunst braucht aber das Publikum, um überhaupt zu existieren. Deshalb waren gerade die dann doch noch zugeschalteten Musikfreundinnen und -freunde aus aller Welt, die jubelten und klatschten, ein emotionaler Höhepunkt des Konzerts. Das und die Ansprache des italienischen Dirigenten Riccardo Muti, der unter anderem sagte, dass Musik nicht nur Beruf, sondern Berufung sei, dass Kultur ein enormer Faktor sei, um die Gesellschaft besser zu machen, und an die Politik der Welt appellierte, das künftig nicht zu vergessen.