Bei ihrem Einstand im Mai 2018 galt sie als bunter Vogel im Wiener Rathaus. Veronica Kaup-Hasler hat sich in ihrer Rolle als parteilose Kulturpolitikerin auf einem SPÖ-Ticket in einem Haus, das sie beim ersten Interview in dieser Funktion noch an „Hogwarts“ erinnerte, schnell und entscheidungsfreudig etabliert.

Als Kulturstadträtin hat sie „Baustellen“ wie Festwochen unter Thomas Zierhofer-Kin, Kunsthalle und Volkstheater angepackt und Lösungen gefunden; auch wenn manche wie im Fall des Volkstheaters zunächst holprig waren. Ab Jänner soll unter Kay Voges wiedereröffnet werden , das Programm ist vielversprechend.

Kaup-Haslers Stärke sind ihr perspektivenreicher Blick auf die Kulturszene, von der sie geschätzt wird, ihre Kontakte, ihre beharrliche Dialogfreude und die Fähigkeit, Menschen aus unterschiedlichen Bereichen beim Gespräch zusammenzubringen. Sie selbst bezeichnet das so: „Diese Kulturpolitik mache ich in einem ganz großen Miteinander mit der Kunst- und Kulturszene. Der permanente Dialog ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Politik.“ Sie schaffte scheinbar nebenbei das, was gemeinhin als unmöglich gilt: das Kulturbudget deutlich aufzustocken – von 253,3 Millionen Euro 2019 auf 279,4 Millionen Euro 2020.

Dann kam Corona und Kaup-Hasler nutzte ihre Inneneinsichten in die Nöte einer schon davor gebeutelten Branche. Während die Bundespolitik wochenlang kein Wort über die Kultur verlor, reagierte sie sofort: schrieb Arbeitsstipendien in der Höhe von 6,3 Millionen Euro aus, initiierte Auftritte im Rabenhof, die ein Stadtsender übertrug, und stemmte den „Kultursommer“, der 2000 Künstlerinnen und Künstlern von der Seestadt bis zum Naschmarkt eine Bühne und einen bezahlten Job bot.


Am Dienstag ist die frühere herbst-Intendantin im Kabinett Michael Ludwig II erneut als Stadträtin für Kultur und Wissenschaft angelobt worden. Das rot-pinke Kulturprogramm trägt vordergründig ihre Handschrift. Sie bleibt parteilos. „Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Ich sehe das als ein Zeichen der Öffnung und eine Wertschätzung für mich als Expertin, als die ich auch geholt wurde. Mich freut es, dass diese Unabhängigkeit in diesem Rathaus und in dieser Partei möglich ist“, sagt sie zur Kleinen Zeitung.

Die Bewältigung der Coronakrise wird die nächste Zeit prägen: „Wir haben teilweise positiv vorauseilend reagiert.“ Neun Häuser der Wiener Kabarettszene sowie die besonders betroffene Klubszene wurden mit je drei Millionen unterstützt. „Wir werden uns auch für die Arthouse-Kinos einsetzen, weil wir wollen, dass sie auch in Zukunft in dieser Stadt existieren.“ Und: „Wir müssen recherchieren, ob der Bund jene Menschen bedacht hat, die von einem Kulturleben abhängig sind: Kulturvermittler, Cutter und andere Berufsbilder der Postproduktion, Maskenbildner, Kostümbildner, Sängeragenturen, Autorinnen und Autoren, usw.“

Die neue rot-pinke Stadtregierung in Wien
Die neue rot-pinke Stadtregierung in Wien © APA/SPÖ/CHRISTIAN JOBST

Sieht das Budget 2021 eine neuerliche Erhöhung vor? „Das wird so sein müssen. Zu unserem stattlichen Budget sind noch einmal 13,3 Millionen Euro an Unterstützung für Corona-Maßnahmen hinzugekommen. Und was mich sehr freut: Es gibt eine leichte Erhöhung des Basisbudgets.“

Kulturpolitik als Kitt der Gesellschaft, als Motor der Integrations- und Sozialpolitik: Kaup-Hasler setzt ihren Kurs fort. Niederschwelligkeit, der Nachwuchs und bisher unterversorgte Grätzel werden unter dem Schlagwort „kulturelle Nahversorgung“ in den Fokus gerückt. In den bevölkerungsreichen Bezirken jenseits der Donau sollen Außenstellen vom Zoom Kindermuseum und dem Dschungel Wien entstehen. Es ist die Rede von Ankerzentren, der verstärkten Nutzung leer stehender Räume und einem neuen „Atelierhaus“.


Kaup-Haslers Leuchtturm-Projekte: „Die strategische Erhöhung der Resilienz in der Kultur und, das haben wir schon vor Corona vorangetrieben, der Ausbau von Fair-Pay-Strukturen, um Sorge zu tragen, dass die Menschen von dieser Arbeit auch leben können.“Der größte Brocken: „Ein gemeinsamer Kollektivvertrag für die drei Bühnen der Stadt: Josefstadt, Volkstheater und Theater der Jugend.“ Nebst dem Umbau des Wien-Museums mit der geplanten Wiedereröffnung im Herbst 2023 stehen auch Neuausschreibungen beim Filmfonds Wien und dem Jüdischen Museum in dieser Amtszeit an.