Wenn Sie das Gefühl haben, Sie besitzen zu viele Dinge, dann können Sie sich beruhigt zurücklehnen, denn das Wien Museum werden Sie nicht schlagen können. Mehr als eine Million Objekte lagern in den Depots, nur ein Bruchteil kann in Ausstellungen gezeigt werden. Mehr als 47.000 bilden nun auf einer eigenen Website den Grundstock einer Sammlung, die noch weiter wachsen soll. Ein „Meilenstein“, sagt Museumsdirektor Matti Bunzl, „weil wir mit jedem Objekt mehr Wissen und Weltkulturerbe auf die Plattform bringen“.
Open Data heißt das Zauberwort, und es ermöglicht nicht nur Forschern und Schulen Einblicke in die enorme Vielfalt aus Kunst, Mode, Alltagsgegenständen und historischen Fotografien. Sich verlieren trifft es wohl am besten, denn schnell kommt man wortwörtlich vom Hundertsten ins Tausendste. Für Einsteiger haben die Experten eigene Alben mit Erklärtexten angelegt. Da finden sich „Tanz und Avantgarde in Wien“ mit Aktstudien und Performancefotos. Oder „Wiener Kaffeehäuser um 1900“ mit herrlichen Einblicken etwa ins Tarock- und Lesezimmer des Café Griensteidl. Oder das Album „Sehnsucht nach Perfektion – Wiener Schönheiten“ über das Phänomen der Selbstdarstellung.
Wer beim Stöbern fündig wird, kann sich seine Funde quasi mit heim nehmen: Viele Bilder sind zum Download und sogar zur Weiterverwendung freigegeben. Ebenso kann man sich eine eigene digitale Sammlung „basteln“ und sie via Social Media mit Freunden teilen. Für die Gestalter ein Mammutprojekt: Allein 2019 haben mehr als 30 Mitarbeiter unter der Leitung von Evi Scheller am Aufbau der Sammlung gearbeitet.
Ebenso empfehlenswert ist das digitale Magazin des Museums. Die Experten des Hauses nehmen Bezug auf aktuelle Ereignisse und verknüpfen sie mit ihren Forschungsfeldern. Wer sich hier verliert, der hat schon gewonnen.
Podcast zu „Ladies First!“
Das Universalmuseum Joanneum hat alle Standorte samt Eggenberg und Skulpturenpark wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Der Museumsblog bietet jedoch die Möglichkeit, etwas über die diversen Häuser und die aktuellen Ausstellungen zu erfahren. „Ladies First!“ ist eine davon. Die Schau in der Neuen Galerie, nach dem Lockdown wieder bis 21. Februar in der Neuen Galerie zu besuchen, ist 64 großteils unbekannten Künstlerinnen von 1850 bis 1950 gewidmet. Für dieses Projekt gibt es eine eigene Podcast-Reihe. Expertinnen diskutieren u. a. über historische und gegenwärtige Fragestellungen, die Künstlerinnen vor 100 Jahren, aber auch Frauen von heute betreffen, oder über ein männlich geprägtes Kunstsystem. Jede Expertin stellt im Gespräch ein Werk aus der Ausstellung und ihre persönliche Sicht auf die
Arbeit und den Alltag der jeweiligen Künstlerin dar.
Blog und Podcast unter: museum-joanneum.at
Nie Stille in der Styriarte
Vor zwei Jahren zogen sich Georg Gratzer und Klemens Bittmann auf Schloss Külml bei Anger zurück und ließen sich vom barocken Ambiente für eine Begegnung mit Georg Philipp Telemann inspirieren. Acht Sonaten wählten die beiden 43-jährigen Steirer aus, um sie mit Holzblasinstrumenten respektive Geige und Mandola ins Heute zu holen.
Mit ihrem Programm „Telemannia“, das im Eigenlabel auf CD aufliegt und auch Musik von Piazzolla, Morricone oder Radiohead bietet, hätten sie heute (und morgen) die 35. Grazer Meerschein-Matineen eröffnet, doch wegen Corona wurde das Konzert auf 24./25. 4. verschoben. Aber: „Bei uns wird es nicht still“, sagt Intendant Mathis Huber, der das Duo einlud, ihr „Telemannia“-Projekt im styriarte-Studio im Palais Attems aufzuzeichnen. Der Stream läuft heute um 17.30 Uhr. Besitzer von Karten können gratis zuschauen, alle anderen werden um eine Spende zugunsten von „Hunger auf Kunst und Kultur“ gebeten.
Bookolino geht online
Bereits im Frühjahr hat sich das Grazer Literaturhaus mit einer starken
Digitalpräsenz gegen den Lockdown gestemmt. Dieser Philosophie bleibt man auch jetzt, während des aktuellen Kulturstillstands, treu. Die „Corona“-Tagebücher finden in einer „zweiten Welle“ eine Fortsetzung. Unter dem Motto „lüften, lüften, lüften“ berichtet ein neues Autorenteam (u. a. Birgit Pölzl, Lydia Mischkulnig, Stephan Roiss, Günter Eichberger, Stefan Kutzenberger) in einem kollektiven Tagebuch über die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf das tägliche Leben. Zudem findet das bookolino-Festival für Kinder und Jugendliche, das derzeit laufen sollte, nicht in gewohnter Form statt. Es ist aber derzeit in attraktiver Form online: Autorinnen und Autoren wurden eingeladen, Videos zu gestalten, in denen sie ihre aktuellen Bücher präsentieren, aber auch von ihrer Arbeit erzählen. Das Festivalmotto lautet heuer übrigens „tierisch turbulent“.
Beiträge auf YouTube (Bookolino), literaturhaus-graz.at
Nationalbibliothek: Ein wenig Prunk für daheim
Dieser Blick nach oben im bis zu 20 Meter großen Saal beeindruckt einen immer wieder so, als sähe man es zum ersten Mal. Die Rede ist vom Prunksaal der Nationalbibliothek am Wiener Josefsplatz. Ein Besuch dort ist, in analogen Zeiten, immer mit Entscheidungen verbunden: Wohin zuerst schauen? Auf die Marmorstatuen, die Fenster oder das Kuppelfresko von Daniel Gran, rund 30 Meter über einem? Oder auf das viele dunkle Nussholz, die Steinböden oder die Goldverzierungen überall? Oder aber auf das Herzstück der ehemaligen Hofbibliothek – die rund 200.000 Stück antiken Bücher aus den Jahren 1501 bis 1850? Der Lockdown, könnte man sagen, hilft einem ein bisschen da raus. Spezielle, kostenlose Online-Führungen machen einen der geschichtsträchtigsten Orte Wiens bei einer Live-Tour zugängig. Und das Beste daran: Man kann von zu Hause aus dank einer Google-Streetview-Aufnahme zu allen Details – und daran mangelt es hier nicht – heranzoomen. Ein Guide führt zwei Mal die Woche (freitags 17 Uhr, sonntags 15 Uhr) durch das barocke Juwel. Anmeldung über die Webseite.