Mit der Anrechnung eines fiktiven Lohns für Soloselbstständige kann die deutsche Kulturszene auf neue Unterstützung in der Coronakrise bauen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters freut sich über eine "eigene Strecke für Soloselbstständige". Nach ihrer Einschätzung dürfte "die größte Zielgruppe neben anderen Branchen aus der Kreativwirtschaft kommen".
Nach Angaben der CDU-Politikerin geht es um die Existenz von gut 1,5 Mio. Menschen, die mehr als 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Nach dem ersten allgemeinen Hilfspaket des Bundes und zahlreichen Initiativen für Kulturschaffende in einzelnen Ländern gab es bereits eine umfassende Unterstützung eigens für die Kultur- und Kreativszene. Das eine Milliarde Euro umfassende Hilfspaket, im Hause Grütters "Neustart Kultur" getauft, wird derzeit auch über Fachverbände an einzelne Betroffene und Institutionen geleitet.
Alleingelassen fühlten sich lange Zeit freischaffende Künstler, die wie in einigen anderen Branchen auch als Soloselbstständige arbeiten. Sie konnten zum Beispiel keine laufenden Betriebskosten geltend machen, etwa wenn ihre Wohnung auch der Ort für Arbeit oder Übungen war. Sie waren meist auf die eigens geöffnete Grundsicherung Hartz IV angewiesen, wo sich viele Betroffene nicht sahen.
"Dysfunktional" nennt etwa Zoë Claire Miller vom Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) in Berlin solche Wege. Aus Sicht des Verbandes drohen ohne weitere Hilfen deutliche Konsequenzen für die Betroffenen. "Es geht um die Existenz der Menschen", sagte Miller der dpa. Die Einschränkungen würden sich auch über den nun betroffenen November hinaus auswirken. Entsprechend müsste auch ein fiktiver Unternehmerlohn für Soloselbstständige weiter in Anspruch genommen werden können.
"Ob das neue Programm greift ist auch die Frage, wie es umgesetzt wird", sagte Miller. Bisher sei "völlig unklar, wer unter welchen Voraussetzungen für welchen Zeitraum wie viel bekommen soll". Die bisherigen Erfahrungen mit Hilfsprogrammen zwingen aus Millers Sicht zur Skepsis.
Schritt in die richtige Richtung
Für den Deutschen Kulturrat sind die neuen Hilfen ein Schritt in die richtige Richtung. "Die Politik hat erkannt, dass sie ihre harte Haltung nicht aufrechterhalten kann", sagte der Geschäftsführer der Dachorganisation der Bundeskulturverbände, Olaf Zimmermann, der dpa in Berlin. Soloselbstständige in Kulturbereich seien "besonders gebeutelt". Mit der nun geöffneten Tür könne über die Bedingungen gesprochen werden. Dabei komme es darauf an, "die Hilfe nicht mit bürokratischen Hürden zu verstellen".
Für die Unterstützung von Soloselbstständigen hatten die Kulturminister auch der Länder seit dem Frühjahr geworben. "Es ist ein sehr wichtiges Signal, dass die Soloselbstständigen jetzt eine eigene Förderung bis zu einem Höchstsatz von 5.000 Euro bekommen", sagte Grütters der dpa. "Dies ist auch eine Anerkennung ihrer Lebens- und Arbeitsweise." Erst jenseits dieser Grenze ist ein Steuerberater notwendig.
Zudem sollten auch indirekt Betroffene Überbrückungshilfe bekommen können. "Das betrifft gerade auch den Kulturbereich. Es gibt viele in der Kultur- und Kreativwirtschaft, die sichtbar auf der Bühne der Kultur stehen, aber es gibt häufig viel mehr im Hintergrund Beschäftigte, die die künstlerische Leistung erst ermöglichen. Sie werden berücksichtigt, wenn sie 80 Prozent ihres Einkommens im Kontext der direkt betroffenen Betriebe erwirtschaften."