Die Salzburger Festspiele haben im Jubiläumsjahr zwei Forschungsprojekte zum Leben und künstlerischen Werk von Leopoldine "Poldi" Wojtek beauftragt. Die Malerin und Grafikerin hat 1928 das bis heute gültige Festspiel-Logo gestaltet, gilt gleichzeitig aber als spätere Profiteurin des NS-Regimes. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse in Wien vorgestellt. Sowohl Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler als auch Intendant Markus Hinterhäuser sprachen sich für eine Beibehaltung aus.

"Es ist ein sehr gutes, zeitloses Logo", hielt Rabl-Stadler nach den Ausführungen von Zeithistoriker Oliver Rathkolb und der Designhistorikerin Anita Kern abschließend fest. Es habe sich in beiden Studien gezeigt, dass es keine Verbindung des Logos zum NS-Regime gibt, wenn Wojtek sich auch zehn Jahre später - in ästhetisch stark veränderter Form - dem Nationalsozialismus angedient habe. Hinterhäuser lobte die "profunde Einordnung" durch die beiden Studien und unterstrich, dass man sich "viele, viele Gedanken über den Umgang mit dem Logo" gemacht habe. Daher sei es den Festspielen wichtig, die nunmehrigen Ergebnisse auf der Website zu präsentieren und den beiden Studien im kommenden Jahr ein umfangreiches Symposium zu widmen. "Vergangenheit lässt sich nicht bewältigen", so Hinterhäuser. "Wir haben offen, aufrichtig und ehrlich damit umzugehen."

Wie Rathkolb ausführte, war Wojtek von 1932 bis 1941 mit dem Kunsthistoriker und SS-Offizier Kajetan Mühlmann verheiratet, der maßgeblich am Kunstraub der Nationalsozialisten in Europa beteiligt war. Der gebürtige Pinzgauer war ab Mitte der 1920er-Jahre bei den Festspielen im Bereich der Werbung tätig und soll Wojtek zahlreiche Aufträge verschafft haben. Bei seinen Recherchen im Archiv der Kunstgewerbeschule ist Rathkolb auf den Umstand gestoßen, dass Wojtek den damals ausgeschriebenen Wettbewerb zu einem Plakat ursprünglich gar nicht gewonnen hatte, vielmehr war ein Hanns Köhler erstgereiht (der später für die Nationalsozialisten politische Zeichnungen anfertigte). Auch sei Festspielleiter Max Reinhardt entgegen einer oft verbreiteten Legende auch nicht in der Jury gesessen. Wojtek habe den Zuschlag schließlich nach einigen Adaptierungen ihres Entwurfs erhalten.

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Rathkolb hat in seiner Studie auch das familiäre Umfeld der Künstlerin untersucht, die aus dem deutschsprachigen Teil von Brünn kam. Ihr Vater weise eine "sehr deutsch-nationale Sozialisation" auf, die Schwester sei unter den Nazis zu einer erfolgreichen Tänzerin avanciert. Wojtek selbst sieht der Historiker als einen Menschen in seinem Widerspruch. "Wir müssen lernen, dass Künstler und Künstlerinnen trotz ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten und ihrer Begabung, Emotionen in uns anzusprechen, letztlich keine perfekten Genies sind", schreibt er im Fazit. "Auch sie sind Menschen mit vielfältigen Schwächen, die sich nur selten gegen politisch Mächtige in einer totalitären Diktatur stellen. Manche, wie Poldi Wojtek, haben während des Nationalsozialismus überdies ohne jede Scham persönliche Vorteile aus ihren politischen Beziehungsnetzwerken gezogen - bis hin zur hemmungslosen Bereicherung am Eigentum von Jüdinnen und Juden."

Designhistorikerin Anita Kern hielt fest: "Grafikdesigner haben die Inhalte ihrer Auftraggeber visuell zu kommunizieren. 'Gebrauchsgrafiker' gehören einem Berufsstand an, der in einem verbrecherischen Regime schnell in Gewissenskonflikte kommt, wenn er Auftragsarbeiten annimmt. Nicht jede(r) hat die Kraft zu widerstehen (...). In Poldi Wojtekts Fall hat die Einordnung in ein unmenschliches System auch den grafischen Esprit zunichte gemacht." Verdeutlicht wurde dieser Umstand mit dem Blick auf spätere Arbeiten Wojteks. Betont wurde von allen Beteiligten, dass das Logo ausgerechnet während der Zeit des Nationalsozialismus ersetzt wurde und somit in seiner Formensprache eindeutig nicht der Nazi-Ideologie entsprach.

Die Ergebnisse sind in Buchform unter dem Titel "Das Logo der Salzburger Festspiele und seine Gestalterin Poldi Wojtek" im Eigenverlag der Salzburger Festspiele erschienen.