Das Stroh quillt aus ihren Ärmeln, Köpfen und Gummistiefeln, die Beine sind schwer, die Haare zerrupft: Vier Vogelscheuchen mit Kautschukmasken und verstellten Stimmen torkeln in „Farm Fatale“ zwischen Heuballen über die Bühne der Halle G im Wiener Museumsquartier. Eine fünfte, Pecuchet, schließt sich ihnen an.
Sie alle sind Langzeitarbeitslose: Die Vögel, die sie früher verscheucht haben, sind ausgeflogen, auch die Menschen sind weg. Das Fatale, wenn man so will, an dieser Farm ist, dass sie nicht mehr existiert. Die Bauern haben Landflucht oder Suizid begangen. Alles ganz schön traurig. Die Hinterbliebenen, die sich nun Vogelkümmerer (im Englischen carecrow statt scarecrow) nennen, vertreiben sich die Zeit mit Radio- und Musikmachen. Der Sound der Natur – krähende Hähne, rauschende Flüsse – kommt vom Band.
Den Höhepunkt des Gastspiels bei den Wiener Festwochen reframed markiert ein Interview mit der Bienenkönigin Margrit, die ein Interview auf Schwyzerdütsch gibt. Schließlich geht es um eine Frage des Überlebens: to bee or not to bee. Oder: Let it bee! Nur auf ihre Bee-Sexualität angesprochen, schweigt Margrit.
Dem französischen Bühnenbildner und Regisseur Philippe Quesne gelingt mit dieser bedrückenden und dabei zugleich beglückenden postapokalyptischen Produktion über die Vergiftung der Welt durch Herbizide, Insektizide, Pestizide oder Fungizide und den groß angelegten Raubbau an der Natur ein äußerst vergnüglicher und kurzweiliger Abend.
Einer, der anklagt, unterhält, deprimiert, nachdenklich stimmt und vom spielfreudigen und musikalischen Ensemble furios umgesetzt wird. „Endlich wieder Theater“, flüstert jemand, als sich der Saal eingangs verdunkelte. Da gibt es gar nichts zu widersprechen. Julia Schafferhofer
Farm Fatale. Noch heute und morgen, 20 Uhr, Halle G. Karten: Tel. 01/5892211. festwochen.at