"Komm Nacht, gieß’ deine Stille aus wie Honig …“: Schlicht und gefasst beginnt Johannas Schlussgesang, ein tröstlicher Nachtgesang der Hoffnung, während die Schauspielerin (Maria Falconetti) auf drei großen Leinwänden mit weit aufgerissenen Augen und kahl geschorenem Kopf am Scheiterhaufens ihre letzten Minuten durchlebt: So emotional aufwühlend ist trotz der nüchternen Atmosphäre der Villacher Stadthalle aber nicht nur das Finale der Uraufführung der Kirchen-Filmoper „Jeanne d’Arc“ von Johannes Kalitzke (Libretto: Kristine Tornquist), sondern der gesamte Abend.
Hochexpressiv ist die Stimmung, die durch ausdruckstarke und hochkomplexe Klänge erzeugt wird. Es ist eine nuancenreiche Palette, angereichert mit Elektronik und Zitaten aus der Musikhistorie, die uns Johannes Kalitzke in der emotional aufwühlenden Filmoper vorsetzt.
Trotz seines Kontrastreichtums fügt und verdichtet sich die ganz eigene, aber doch zugängliche Tonsprache mit gewaltigen Steigerungen zu einem packenden, musikalischen Ganzen und blüht manchmal regelrecht zu feierlichen, himmlischen Klängen auf. Und genauso werden diese extrem diffizil zu spielenden Klänge unter der präzisen Stabführung des Komponisten vom souverän musizierenden Kärntner Sinfonieorchester umgesetzt. Die Musik unterlegt wie eine deskriptive Filmmusik teils punktgenau die Handlung des Stummfilms (1928) von Carl Theodor Dreyer, der sich bei der bekannten Geschichte um die Jungfrau von Orleans aus dem 15. Jahrhundert auf Szenen des Prozesses sowie der Hinrichtung beschränkt. Ungemein plastisch in Bezug auf Perspektiven und Mimik der exquisiten Schauspieler von damals wird sie auf großen Leinwänden so drastisch geschildert, dass manchmal der Film doch ablenkt.
Verstärkt und nicht ganz textverständlich wegen der Akustik der Halle hört man die (Stimmgabeln benutzende) Sänger: In der Titelrolle erlebt man Michaela Selinger, die 2004 und 2005 am Stadttheater Klagenfurt als Dorabella in Mozarts „Cosi“ und Polina in Tschaikowskys „Pique Dame“ zu hören war, mit wunderbarem, nuancenreichen, intensiv geführtem Mezzo. Katharina Magiera (Mutter und Polizistin) und Klemens Sander (Vater und Polizist) singen tadellos. Als Engel zu hören sind vier rein singende Solisten der St. Florianer Sängerknaben sowie Solistinnen des Philharmonia Chores Wien wie auch der gesamte Chor (Einstudierung: Walter Zeh), der klangvoll und präzise die schwierigen Passagen der Musik bewältigt. – Nächstes Jahr ist beim Kärntner Festival übrigens eine szenische Aufführung des Werkes geplant. Viel Applaus!
Helmut Christian