Bei seiner Auftakt-Pressekonferenz vergangenes Jahr waren mehr als 70 Menschen auf der Burgtheaterbühne gewesen. Gestern lud Direktor Martin Kušej kleine Gruppen gestaffelt zur Spielplanpräsentation ins Kasino am Schwarzenbergplatz – dennoch „optimistisch“ und auf den Herbst hoffend.
„Ich habe die Zeit nicht wirklich gut durchlebt“, sagte der Burgtheater-Chef, der seine erste Saison coronabedingt per „Vollbremsung“ beenden musste. Die Situation habe ihm zugesetzt. Er habe nur 15 Seiten in den acht Wochen gelesen. Aber: „Ich bin ein guter Gärtner geworden.“ Mit seinem Start sei er „sehr, sehr zufrieden“, sagte er und beziffert diese Zufriedenheit bis zum Februar mit einer Auslastung von 80,4 Prozent.
Mit Optimismus in den Herbst
Trotz aller Unsicherheiten hat der gebürtige Kärntner mit seiner stellvertretenden künstlerischen Direktorin Alexandra Althoff einen Spielplan für 2020/21 erstellt. Eines vorweg: Das Ensemble bleibt, bis auf drei Abgänge (Till Firit, Marta Kizyma, Nora Buzalka) und zwei Neuzugänge (Sophie von Kessel und Lukas Haas) komplett. Jene acht Inszenierungen, die abgesagt werden mussten, sollen in die neue Saison „gerettet werden“. Die geplante Inszenierung des Burgtheater-Chefs von Schillers „Maria Stuart“ mit Bibiana Beglau und Birgit Minichmayr bei den Salzburger Festspielen wird auf 2021 verschoben.
Die Eröffnungspremiere
Eröffnet wird die neue Saison mit Calderón de la Barcas 1635 uraufgeführtem Versdrama „Das Leben ist ein Traum“ unter der Regie von Kušej. 1992, „am Beginn meiner Karriere“, habe er Grillparzers Parallelstück in Graz inszeniert. Im Zentrum stünden dabei „das Individuum und der menschliche Körper als Manövriermasse“ für politisches Handeln und Manipulation. „Wo finden wir verwaltete Körper und wo ihre unverwaltbaren, widerständigen Impulse? Wer besitzt Verfügungsmacht über die Körper?“
Die Frage des politischen Zugriffs auf Körper zieht sich „wie eine Überschrift“ durch den Spielplan, der mit sechs Uraufführungen und zehn Erstaufführungen weiter auf Zeitgenossenschaft setzt. In Thomas Köcks „antigone. ein requiem“ werden tote Körper an den Strand von Theben gespült. „Antigone schleppt die Toten in die Stadt und fordert die Verantwortung ein“, erläutert Alexandra Althoff. „Das Himmelszelt“ von Lucy Kirkwood sei laut Kušej ein „spannender, gut gebauter Krimi für 14 Frauenrollen“. Die für ihre bildmächtigen Inszenierungen bekannte Australierin Adena Jacobs wird für „Die Troerinnen“ von Euripides erstmals in Kontinentaleuropa arbeiten. Robert Borgmann inszeniert „Reich des Todes. Politische Theorie“, ein Stück über den Krieg nach 9/11 von Rainald Goetz.
Fazit des Burgtheater-Chefs: „Wir brennen darauf, wieder Theater zu spielen.“ Seine Antrittsmaxime der Vielsprachigkeit sei „ein bisschen in den Hintergrund geraten“. Außerdem habe er auch einiges aus der ersten Spielzeit gelernt. Weniger Experimente? „Nein, mehr gute Experimente.“