Im Bann der Hologramme
Wir schreiben das Jahr 2091. Selbstfahrende Autos, Hologramme überall. Und vor allem: Mittlerweile ist es möglich, sich das Gehirn entfernen und durch einen Computer mit einer Kopie des Gehirns ersetzen zu lassen. Danach ist man ein „Quant“ mit einem „Cogit“ und kann in andere Körper wechseln – wenn auch nur für eine gewisse Zeit und solange der Stammkörper noch lebt.
Der deutsche Autor Tom Hillenbrand, bekannt für seine kulinarische Krimis rund um den luxemburgischen Meisterkoch Xavier Kieffer und Glauser-Preis-gekrönt für seinen Überwachungskrimi „Drohnenland“, liefert mit „Qube“ die Fortsetzung seines Bestsellers „Hologrammatica“: Die Menschheit hat den Klimawandel mithilfe einer Künstlichen Intelligenz in den Griff bekommen – und dann auch noch die Künstliche Intelligenz selbst. Oder doch nicht?
Der Journalist Calvary Doyle war da einer großen Story auf der Spur, als ihm in den Kopf geschossen wurde. Als er wieder aufwacht, ist er ein Quant und ein paar Wochen seines Lebens fehlen ihm einfach. Aber nicht nur er, sondern auch UNO-Agentin Fran Bittner ist daran interessiert, was da vor den tödlichen Schüssen passiert ist. Fran ist auch ein Quant und wechselt ebenso gerne in Männer- wie in Frauenkörper, womit Hillebrand auch ganz lässig mit Genderfragen hantiert. Überhaupt hat er eine Vielzahl an interessanten Ideen, wie die Zukunft ausschauen könnte. Und weil er aus der Sicht mehrere Beteiligten erzählt, erhält man einen opulenten Sci-Fi-Thriller, in die sich selbst ein etwas surrealer Handlungsstrang am Ende logisch einfügt.
Packendes historisches Panorama
Vom Narrenturm in Wien bis zu den Türkenkriegen und wieder zurück: Der Medizinstudent Alfred stammt aus niederen Verhältnissen, Helene hingegen aus bestem Haus. Keine guten Vorzeichen für eine Liebe in Zeiten, wo man innerhalb der eigenen Gesellschaftsschicht zu bleiben hat. Nicht einmal seinen Mitstudenten erzählt Alfred, dass er in einer dunklen Stube wohnt und sich mit Hilfsarbeiten im Krankenhaus über Wasser hält.
René Anours süffiger historischer Roman "Im Schatten des Turms" führt in die Anfänge der Psychiatrie: Der Narrenturm wurde von Joseph II. erbaut um die „Irrsinnigen“ zu behandeln. Eigentlich sollte es ein Vorzeigeprojekt werden, tatsächlich aber war es Platz des Grauens. Alfred, der einer Intrige zum Opfer fällt und so als Soldat in den Krieg muss, landet letztlich ebenfalls dort, wo er am Anfang eine junge Frau mit mysteriösen Malen auf den Armen gesehen hat. Anour, der in Wien Veterinärmedizin studiert hat und bei der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit arbeitet, beschreibt seine vielschichtigen Figuren mit viel Empathie. Außerdem hat er ein gutes Gespür für überraschende Wendungen und lässt so die Zeit von Joseph II. sehr lebendig werden.
Von Macht, Missbrauch und verdrängten Erinnerungen
„Ein Frosch springt nur an eine bestimmte Stelle, wenn die Chance besteht, dort auch eine Fliege zu fangen. Unser Leben liegt also in der Zukunft, nicht in der Vergangenheit.“ Das hat ihr Ketil erklärt. Aber was tun, wenn verdrängte Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen? Wenn nichts zurückbleibt außer „verbrannter Erde, Asche, Schmerz und Erniedrigung“? Margot glaubt als Archäologin, dass das Jetzt sich aus der Vergangenheit erklärt. Aber nichts fürchtet ihr Mann Ketil mehr als diese Ausgrabungen, hat er doch ein schreckliches Geheimnis zu verbergen.
Harald Schwinger erzählt in seinem neuen Roman „Das Melonenfeld“ von Macht und Machtmissbrauch, von Verwundung und Verdrängung. Ketil ist als Gerichtsvollzieher zuständig für Delogierungen in Manhattan, einem Wohnblock, in dem vor allem sozial Schwächere wohnen. Seine Macht nutzt er gerne für seine eigenen Zwecke: „Manhattan gehört mir, die Menschen, die hier wohnen, gehören mir.“ Nur seine Familie hat er nicht unter Kontrolle: Nicht nur seine Frau Margot macht ihm zunehmend Sorgen, weil sie glaubt, dass in der 16-jährigen Tochter das Böse schlummert. Auch Metti selbst ist rebellisch und schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Deshalb beschließt Ketil, mit seiner Tochter nach Zypern zu reisen, wo er einst als junger Soldat im Rahmen einer Friedensmission stationiert war und ein traumatisches Erlebnis hatte. Doch beim Versuch, mithilfe der Wahrheit die Dinge wieder ins Lot zu bringen, entgleitet sie ihm immer mehr.
Schon im Roman „Die Farbe des Schmerzes“ beschäftigte sich der Villacher Autor, der auch für die Kleine Zeitung schreibt, mit den Folgen von Verdrängen, Totschweigen und der Frage: Wann werden aus Opfern Täter? Packend und schonungslos erzählt bis zur bitterbösen Abrechnung.