Die frühen Sechziger waren geprägt von Wirtschaftswunder und Babyboom, von der Zuversicht, dass nach dem Grauen der Weltkriege alles besser würde, von neuem Wohlstand und neuen Möglichkeiten zum Konsum. Schon bald blickten kritischere Geister hinter die optimistischen Versprechungen der Warenwelt und die späten Sechziger machten sich auf die Suche nach gegenkulturellen Werten.

Im Psalm-Programm finden beide Phänomene Niederschlag. Eddie Luis und die Gnadenlosen interpretieren die Schlager des deutschen Wirtschaftswunders, wobei bezeichnenderweise fast alle diese Stücke aus dem Zukunftsland Nr. 1, den USA, importiert worden waren. Die völlig andersgearteten Lieder von Blumenkindern, Bürgerrechtsbewegung und Friedensaktivisten fanden ebenso von den USA ausgehend durch die Popkultur Verbreitung. Anna Heimrath und Effi werden für Psalm mit einer Band rund um Raphael Meinhart die Songs von Beatles, Woody Guthrie usw. erkunden.

Psalm zeigt sich 2020 aber auch klassisch. Die großartige Kammermusik-Bearbeitung Arnold Schönbergs von Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ (die Rainer Riehn komplettiert hat) wird aufgeführt (es singen Stephanie Houtzeel und Markus Schäfer) und Pergolesis „Stabat Mater“ von Musik für die südamerikanische Erdmutter Pachamama kontrastiert.
Das Festivalthema „for future“ ist von der Greta-Thunberg-Bewegung „angezündet“ worden, wie Intendant Mathis Huber erläutert: „Neu an diesem Modell einer Aufbruchsbewegung ist, wie jung ihre Proponenten sind.“ Psalm widmet sich, passend für ein Osterfestival, eine Woche lang Aufbrüchen und Zukunftsvisionen. Manche dieser Phänomene ergaben sich durch Druck von außen, wie der Aufbruch aus dem jüdischen Schtetl, eine Fluchtbewegung vor dem Antisemitismus, auf die das Psalm-Publikum via Klezmer-Musik, „Fiddler on the Roof“ und Isaac B. Singer hingeführt wird.

Mittelalterlich-regliös gerät der Auftakt: „Laudes Palmarum“ ist ein großes Psalm- und Karwochen-Spiel, das sich auf den Spuren des Franz von Assisi bewegt. Dort und auch an anderer Stelle wird man dank Psalm eventuell erneut erkennen, dass die Zukunft ein Möglichkeitsraum ist, der noch gestaltet werden kann. In ängstlichen Zeiten eventuell ein Weckruf, nicht nur für österliche Konzertbesucher.
Das Osterfestival des Hauses styriarte: vom 5. bis 13. April in der Grazer List-Halle.
Informationen & Karten unter www.psalm.at, Tel. 0316/825 000.