"Im Jahre 50 vor Christus sind die Gallier nach langem Kampf von den Römern besiegt worden. . . Häuptlinge wie Vercingetorix müssen Cäsar ihre Waffen zu Füßen legen.“ Mit diesen Worten begann vor 60 Jahren ein Stück Comic-Geschichte, die heute mit dem Erscheinen von „Die Tochter des Vercingetorix“ noch immer neue Volten schlägt.
Im neuen Asterix-Abenteuer beweisen Autor Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad einmal mehr wie man die Welt der unbeugsamen Gallier um neue Facetten erweitert ohne sie zu sehr zu modernisieren. Die Asterix-Geschichten sind ja noch so „altmodisch“, dass jede Neuerscheinung zum Print-Straßenfeger wird: Fünf Millionen Stück beträgt die weltweite Auflage.
„Das ist eine Welt, die Fans und Leser genau kennen. Und man muss diese Asterix-Atmosphäre und Welt im Kopf haben“, erklärt Übersetzer Klaus Jöken. Mit Adrenaline wird seit Langem wieder ein jugendlicher Charakter im Asterix-Universum in den Mittelpunkt gestellt. Grautvornix hieß zum Beispiel jener leicht hysterische Teenager in "Asterix und die Normannen" oder Zechinedie Tochter von Orthopädix und Gelatine aus "Das Geschenk des Cäsars".
Adrenaline ist die Tochter des Vercingetorix, jenes Keltenfürsten, der in der Schlacht von Alesia vom Anführer der Spinner, Pardon Römer, geschlagen wird: Gaius Julius Cäsar. Die vor den Römern flüchtende Adrenaline wird im Dorf der Unbeugsamen versteckt. Die „Tochter des Vercingetorix“ trägt alle Elemente eines Klassik-Albums: Das wäre zum einen die Historie. Oder will jemand behaupten, dass er sich einen Gallier nicht als schnauzbärtigen, flügelbehelmten, zaubergetränkten, warmherzigen Choleriker vorstellt?
Auf einem Balkon in Bobigny
Als René Goscinny und Albert Uderzo vor 60 Jahren am Balkon einer Hochhaussiedlung im Pariser Vorort Bobigny zusammensaßen, wollten sie einen Comic kreieren, der die Kultur der Grande Nation widerspiegeln sollte. Von Vercingetorix waren es nur ein paar Schritte bis zu all den anderen Ixen. Am 29. Oktober 1959 lernte Asterix im Magazin „Pilote“ das Laufen, das erste Album „Asterix der Gallier“ wurde 1968 zum ersten Mal offiziell ins Deutsche übersetzt. Heerscharen von Schülern wussten plötzlich mit Latinismen wie „Veni, vidi, vici“ (Ich kam, ich sah, ich siegte) um sich zu werfen. Asterix macht auch die Liebe zu Zitaten, Querverweisen und Fußnoten aus. Man denke an den Auftritt von Sean Connery als „Nullnullsix“ („Die Odyssee“) oder an den der Beatles („Asterix bei den Briten“). Die Übersetzungen im Rolf Kauka-Verlag ab 1966 waren den Franzosen eine Lehre*. Heute hat Egmont Ehapa die Rechte.
Klaus Jöken ist ein Meister, wie einst Gudrun Penndorf, die uns „Die spinnen, die Römer“ schenkte. „Es wird sogar ins Französische rückübersetzt“, sagt Jöken. „Die deutsche Übersetzung ist die wichtigste. Bei einer Startauflage von fünf Millionen, erscheinen zwei in Frankreich und 1,5 Millionen auf Deutsch. Die Comic-Übersetzung hat ihre Besonderheiten. Sie ist knapp, präzise und muss immer in die Sprechblasen passen.“ Auch der Charakter der Figur müsse gewahrt bleiben: „Asterix spricht immer energisch und pfiffig.“
Wie Jugendliche sprechen
Eine besondere Aufgabe war die Jugendsprache: „Ich sagte mir, dass Jugendliche wie Jugendliche sprechen müssen. Ich habe mir also Texte aus mehreren Jahrzehnten vorgenommen, die über Jugendliche sprechen. Ich wollte definieren, was Jugendsprache auszeichnet. Das sind Abkürzungen oder, dass man keine ganzen Sätze sagt.“ Einer von Jökens Vorschlägen, nämlich der, Latinismen zu verwenden, wurde von den Autoren abgelehnt: „Sie müssen rebellisch sein“, hieß es. Man könne nicht reden wie die römischen Besatzer. Im neuen Album geht das bei der Jugend sogar so weit, dass Selfix und Aspix (Blinix im Original) sich sogar weigern, den Zaubertrank zu trinken: Der mache fett. Wo wir wieder bei einem Zitat wären, denn Obelix, der als Kind in den Zaubertrank geplumpst ist, ist ja bekanntlich nicht dick. Und genau wegen jener Art der Intertextualität dieser Comic auch so erfolgreich: Asterix bezieht sich auf die Welt und die Welt sich auf ihn: Wenn uns nur nicht der Himmel auf den Kopf fällt.
Kritik "Die Tochter des Vercingetorix"
Mit "Die Tochter des Vercingetorix" steht seit langem wieder ein Teenager im Mittelpunkt des Geschehens. Autor Jean-Yves Ferry und Zeichner Didier Conrad ist ein großer Wurf gelungen: Eine Geschichte, die neue Ideen in die Asterix-Welt einführt und gleichzeitig im Jahr des Jubiläums die Geschichte an ihre Anfänge heranführt. Denn am Anfang war die Schlacht von Alesia und der "Generallischimusch Verschingetoriksch" wie ihn zwei Boten nennen, die in einer Nacht- und Nebelaktion im gallischen Dorf auftauchen. Die beiden nennen sich Monolitix und Mausklix und bringen Adrenaline, die Tochter des Vercingetorix, ins gallische und unbeugsame Dorf.
Adrenaline bringt den Dorf-Alltag ordentlich durcheinander: Wie ein Mädchen will sie sich nicht anziehen, sie steht auf gotische Klamotten. Wirklich charmant und "lustix" sind auch andere Teenager im Ort: Die Kinder von Verleihnix heißen Aspix und Surimix, der Sohn von Automatix heißt Selfix. Ein Abenteuer mit Witz und Charme, vielen Wendungen und dramatischen Entwicklungen. Der Charakter des alten Asterix bleibt erhalten, dennoch gelingt es den Autoren Asterix zu modernisieren. Den Autoren lag auch viel daran, mehr weibliche Charaktere in die Handlung einzubauen.