Die Verleihung des Fritz Csoklich-Demokratiepreises an Arik Brauer schafft eine win-win Situation in dreifacher Hinsicht, nämlich:
- Eine verdiente Würdigung für den großartigen Journalisten Fritz Csoklich, der vor 90 Jahren geboren wurde und vor genau 10 Jahren verstorben ist.
- Eine große Ehre für meinen alten Freund Arik Brauer, der heuer seinen 90. Geburtstag gefeiert hat.
- Und ganz gezielt und demonstrativ auch ein Bekenntnis zur Demokratie und zur offenen Gesellschaft.
Zunächst ein paar Gedanken und Erinnerungen an den legendären Chefredakteur der Grazer Kleinen Zeitung, der diese Funktion mehr als 30 Jahre mit größtem Erfolg ausgeübt hat.Er wurde 1929 geboren, so wie Arik Brauer oder auch Leopold Gratz, d.h. er hatte – so wie alle anderen aus diesem Jahrgang – seine Kindheitserinnerungen aus den 30er Jahren, er hat die Volksschule zum Großteil in der Zeit des Ständestaates absolviert, den sog. Anschluss vom März 1938 mitbekommen und die Schrecken des 2. Weltkrieges als Jugendlicher miterlebt.
Fritz Csoklich konnte nach dem Krieg studieren, promovierte 1953 zum Doktor der Philosophie und begann bei der Grazer Kleinen Zeitung seine journalistische Karriere, die ihn für kurze Zeit auch zu deutschen Medien führte. Zur Kleinen Zeitung zurück gekehrt, wurde er im Juli 1960 mit 31 Jahren zum Chefredakteur der Kleinen Zeitung ernannt, übte diese Tätigkeit mit größtemErfolg 34 Jahre lang, bis zum letzten Tag des Jahres 1994 aus und machte die Kleine Zeitung zur führenden Bundesländerzeitung in Österreich.
Das Rundfunk-Volksbegehren
Als Höhepunkt seiner journalistischen Tätigkeit betrachtete er wahrscheinlich seine zentrale Rolle für das berühmte österreichische Rundfunk-Volksbegehren gemeinsam mit Hugo Portisch, Otto Schulmeister und anderen, das 832.353 Unterschriften erreichte und den Anstoß für entscheidende Veränderungen im ORF gab.
Gleichzeitig ist auch sein besonderes Interesse für die Demokratiebewegung in Osteuropa, seine frühzeitige Unterstützung für die polnische Solidarność und seine Freundschaft mit dem bewundernswerten späteren polnischen Außenminister Bartoszewskihervorzuheben. Ich selbst habe Fritz Csoklich ebenso wie seinen kongenialen Partner Kurt Vorhofer in dem für Österreichs Politik kritischen Jahr 1963 kennen gelernt, mit Habsburgkrise, Olahkrise, Rundfunkkrise und Regierungskrisen, die nach der Wahl vom 6. März 1966 zur ersten Bildung einer Alleinregierung in der 2. Republik unter Bundeskanzler Josef Klaus führten.
Die nachfolgenden Phasen der österreichischen und europäischen Politik, die Ära Klaus/Withalm, die Ära Kreisky, den Aufstieg Haiders und seines Politikstils, den Fall des Eisernen Vorhanges und der Berliner Mauer, so wie den Weg Österreichs in die EU hat Chefredakteur Fritz Csoklich miterlebt und mitgestaltet.
Die Gründung eines Fritz Csoklich Demokratiepreises ist daher eine großartige Idee zu der man herzlich gratulieren darf.
Ganz besonders gratulieren möchte ich dem ersten Empfänger und Träger dieses Preises, meinem alten Freund Arik Brauer und im gleichen Atemzug auch seiner lieben Gattin Naomi. Arik Brauer, der – wie schon erwähnt – heuer seinen 90. Geburtstag feierte, hat das Elend der 30er Jahre, die Dramen und Verbrechen der NS- und Kriegszeit und auch die Schwierigkeiten der Nachkriegszeit erlebt. Sein fröhliches und lebensbejahendes Naturell und sein unerschütterlicher Optimismus haben ihm geholfen diese Zeit zu überleben und in seiner Kunst zu verarbeiten.
Arik liebt die Natur, die Berge, die Farben und das Alte Testament. Seine Bilder strahlen, sie erzählen die schönsten Geschichten. Geschichten, die er sowohl malen, als auch singen kann. Wenn Arik singt, hört man seine Stimme aus 100 anderen Stimmen heraus und die Welt wird fröhlich. Und wenn ich Arik´s Tochter Timna singen höre, höre ich auch Arik mitsingen.
Arik Brauer studierte nach dem Krieg an der Akademie für Bildende Künste in Wien. Er entwickelte gemeinsam mit seinen Freunden den phantasievollen Malstil, der als Wiener Schule des phantastischen Realismus bekannt werden sollte.
1957 heiratete er Naomi, die aus einer jüdischen Familie in Jemen stammt. Arik ist enorm vielseitig; ein Multitalent: Maler, Grafiker, Sänger, Tänzer, Komponist, Textdichter, Bühnenbildner, Architekt und vieles andere. Er ist auch Träger des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich und nicht zuletzt ein treuer Freund.
Arik Brauer war zeit Lebens ein politischer Mensch im besten Sinn des Wortes und dabei unorthodox in jeder Hinsicht. Was die Zeit zwischen 1938 und 1945 betrifft, hält er es mit Rosa Jochmann, die immer gesagt hat „Verzeihen ja, aber niemals vergessen“.
74 Jahre nach Kriegsende liegt ein Problem darin, dass diejenigen, die niemals vergessen und auch nicht vergessen könnten – selbst wenn sie es wollten – immer weniger werden. Daher ist es so wichtig, dass das, was Arik über sein Leben erzählt, gemalt, geschrieben oder gesungen hat, weiterleben wird und seine Familie hilft ihm dabei: Seine Frau Naomi und die Töchter Timna, Ruth und Talja.
"Für eine gerechte und offene Welt"
Es gibt viele Künstler, die Auszeichnungen und Würdigungen erhalten, aber ich könnte kein Beispiel nennen, wo ein Maler und Sänger einen Demokratiepreis erhalten hat. Bei Arik ist das eine richtige, verdiente und absolut logische Würdigung. Er hat sich um unsere Demokratie verdient gemacht. Er hilft uns aus der Geschichte zu lernen, er lebt und malt und singt für eine gerechte und offene Gesellschaft.
Zu einer Brücke zwischen dem Journalistenvorbild Fritz Csoklich und dem Zeitzeugen und Künstler Arik Brauer wurde heute der Fritz Csoklich Demokratiepreis. Ich danke den Initiatoren, nämlich dem Vorstandsvorsitzenden der Styria Media Group Markus Mair, dem Chefredakteur der Kleinen Zeitung Hubert Patterer und dem Chefredakteur der Presse Rainer Nowakfür diese Initiative.
Denn es sind auch die Demokratie, die Freiheit der Kunst und die Freiheit der Medien, die heute gewürdigt werden; und die Demokratie brauchtpermanente Unterstützung. Wir haben in unserer 2. Republik das Privileg, in einer funktionierenden Demokratie zu leben. Aber auch eine funktionierende Demokratie ist nicht in Stein gemeißelt, ist nicht unzerstörbar. Sondern sie ist wie ein Organismus, der Sauerstoff und Energiezufuhr benötigt um sich zu entwickeln und widerstandsfähig zu sein der gepflegt werden muss um nicht zu verwahrlosen.
In den Jahren nach der Geburt von Brauer und Csoklich ist die Demokratie gezielt zerstört worden. Sie war ein Feindbild für eine wachsende Zahl unserer damaligen Mitbürgerinnen und Mitbürger und das hat ein schlechtes Ende genommen.
Heute existiert weniger die Gefahr einer gezielten Zerstörung, sondern eher eines politischen Klimawandels zu Lasten der Demokratie, eines Verwelkens durch Gleichgültigkeit, Gedankenlosigkeit und Egoismus auf individueller und nationaler Ebene.Die Biografien von Fritz Csoklich und Arik Brauer und ihr Lebenswerk machen die beiden zu Stützen von Demokratie und Menschenwürde.Dafür danken wir Fritz Csoklich und dazu gratulieren wir Arik Brauer!!!