Am Ende sangen rund 130 Menschen im Saal den Protestsong "We shall overcome" in der Fassung von Joan Baez mit, performt von Timna Brauer mit ihrer Tochter Jasmin. Ein Lied mit klarer, kämpferischer Botschaft, persönlich ausgesucht vom Ausgezeichneten. Was für ein verbindender Abschluss eines Festaktes im Dienste der Demokratie!
Der erste mit 10.000 Euro dotierte Fritz Csoklich-Demokratiepreis der Styria Media Group, Kleine Zeitung und Die Presse geht wie berichtet an Arik Brauer, den Künstler, Sänger, Architekten, Bühnenbildner, Dichter, Tischler, Intellektuellen, Mahner, Zeitzeugen, Ermutiger, an Arik Brauer den Familienvater, Ehemann und an Arik Brauer, den Demokraten.
An einen 90-jährigen Universalkünstler, dessen vielfältiges Schaffen zuletzt in einer Ausstellung im Jüdischen Museum in Wien zu sehen war und sensationelle 550.000 Besucher anzog. Und ebendort erinnerte man sich in einem Festakt an den Namensgeber Fritz Csoklich, den jüngsten aber längstdienendsten Chefredakteur der Kleinen Zeitung, den Brückenbauer und Gräbenüberwinder, der heute vor zehn Jahren verstarb. Was ihn mit dem Preisträger Arik Brauer eint? Das Geburtsjahr 1929 zum Beispiel.
Und damit die Zeitzeugenschaft über das Elend der 1930er, dunkelste Kriegsjahre, die schwierigen Nachkriegsjahre und den wirtschaftlichen Aufschwung. Trotz unterschiedlicher Biografien verbindet diese beiden Persönlichkeiten noch mehr: ihre Leidenschaft für den Freiheitsgedanken, ihre Weltoffenheit, ihr Demokratieverständnis und ihr unverrückbarer Optimismus.
"In seinem Namen"
Die Idee, erklärte Styria-Vorstandsvorsitzender Markus Mair, eines Fritz Csoklich-Preises sei schon einige Jahre gereift. Weil Österreich ein kleines Land sei und es schon einige Journalistenpreise gebe, sei aus "seinem Wirken heraus die Idee eines Demokratiepreises entstanden".
Was Fritz Csoklich ausgezeichnet hat und was man von ihm lernen kann?Kleine Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer antwortet: „Die kämpferische Freiheitsliebe, sein Lebensthema, nach außen wie nach innen, die Hingabe, mit der er die Verständigung zwischen den unterschiedlichen geistigen Strömungen der Zeit suchte und vorantrieb, sein homerisches Ganzkörper-Lachen und seine dünkelfreie Idee einer Massenzeitung mit geistigem Profil. Gegen diesen vermeintlichen Widerspruch schreiben wir an, auch in seinem Namen", sagt er. So heißt der sonntägliche Leitartikel heute noch immer so, wie ihn Fritz Csoklich einst taufte: "Offen gesagt".
"Ein wehrhafter Demokrat"
"Fritz Csoklich war ein wehrhafter Demokrat. Er war sich der Verantwortung für das Funktionieren der Demokratie bewusst", sagte Salzburgs Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, vertretend für die Jury. Nachsatz: "Nur wenn Medien, Bürger und Politik ein starkes Dreieck bilden, kann die Demokratie funktionieren." Bevor Rabl-Stadler auf die Begründung der Jury einging, merkte sie noch an, dass ihre Rolle als Laudadortin diesmal angenehm sei, weil sie nicht schummeln müsse, um den Ausgezeichneten "gut ausschauen zu lassen".
Das war nur eine von vielen Lobeshymnen an diesem kurzweiligen Abend voller herzlicher Umarmungen und Familienzusammenkünfte der Csoklichs und Brauers. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka betonte, kurz vor der Konstitutionierung des neuen Parlaments: "Demokratie wird nicht nur im Parlament gelebt, Haltung sollte alle in Österreich angehen", sagte er. "Arik Brauer hat seine persönliche Lebensgeschichte in den Dienst der Demokratie gestellt und ist heute ein wichtiger Mahner, aber vor allem Brückenbauer." Seine Reden hätten "zur Diskussion herausgefordert" und das benötige die Demokratie.
Die Laudatio (hier im Wortlaut nachzulesen) kam von einem Freund der Familie: von Altbundespräsident Heinz Fischer, der sich an den gemeinsamen Familienurlaub vor 20 Jahren in Indien gerne zurück erinnert. "Es gibt viele Künstler, die Auszeichnungen und Würdigungen erhalten, aber ich könnte kein Beispiel nennen, wo ein Maler und Sänger einen Demokratiepreis erhalten hat, der nach einem Journalisten benannt ist", sagte Fischer und fährt fort: "Bei Arik ist das eine richtige, verdiente und absolut logische Würdigung. Er hat sich um unsere Demokratie verdient gemacht. Er hilft uns, aus der Geschichte zu lernen, er lebt und malt und singt für eine gerechte und offene Gesellschaft."
"Wehe, wenn dieses Experiment scheitert"
Am Ende des Abends und nach der Übergabe des kalligrafischen Kunstwerks von Claudia Dzengel ergreift Arik Brauer das Wort - nach einem jugendlichen Sprung auf die Bühne. "Demokratie ist eine Erfindung des Menschen" hebt der 90-Jährige zu einem Vergleich von Ziegenböcken und Menschen an. "Wir verteidigen unsere Machtpositionen nicht mit Beinen und Hörnern und Muskeln im Genick sondern mit Atombomben. Und so haben wir Demokratie erfunden."
Sichtlich gerührt nahm Arik Brauer den Preis vor vielen Weggefährten, Freunden und prominenten Gästen wie ORF-Chef Alexander Wrabetz, Minister Alexander Schallenberg, Regisseur und Autor David Schalko, Kabarettist Alfred Dorfer, TV-Legende Hugo Portisch und zahlreichen Anwesdenden der Jury entgegen. "Dieser Preis erfüllt mich ein bissl mit Stolz und vor allem mit großer Freude, denn es ist in Wirklichkeit auch ein Preis für die Kunst als solche.