Kurze Rekapitulation: Mit Euripides’ „Die Bakchen“,Wajdi Mouawads „Vögel“ und Edward Albees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ hat diese Burgtheater-Saison letzte Woche fulminant begonnen. Jetzt hat sie ihr erstes Fiasko. „The Party“ heißt das Stück von Sally Potter, das als deutschsprachige Erstaufführung am Samstag im Burgtheater Premiere hatte; es folgt der Handlung von Potters gleichnamigem Film, uraufgeführt auf der Berlinale 2017.
Die Gesellschaftskomödie beschreibt die Eskalation einer Feier im Freundeskreis, mit der die britische Politikerin Janet ihre Ernennung zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett der Opposition begeht. Und liefert, nebst eh ganz amüsanten Betrachtungen zu Parlamentarismus, Wohlfahrt, Genderpolitik, Esoterik und metaphysischer Verzweiflung Einblick in ramponierte Selbstbilder und Beziehungen im linksliberalen Bildungsmilieu: Eheleute setzen einander Hörner auf, Partner werden kunstvoll gedemütigt, und natürlich gibt es, genretypisch, brenzlige Geheimnisse zu enthüllen. Am Ende wird gar noch ein unheilbar Kranker niedergeschlagen und eine hübsche Pointe mit Tschechows Pistole serviert. So seicht, so unterhaltsam.
Anne Lenk, der für Inszenierungen etwa im Schauspielhaus Bochum, am Thalia Theater Hamburg oder am Münchener Residenztheater exzellente Schauspielerführung attestiert wurde, formt in ihrem Burgtheater-Debüt aus der eleganten Tragikomödie allerdings eine derbe Posse, in der das Timing schief- und der Slapstick durchhängt. Pointen werden komplett verschenkt oder endlos ausgewalzt. Die boulevardeske Verschrillung, entschieden politikbefreit und mit viel lustigem Effektkotzen, ärgert umso mehr, als Lenk erstklassige Schauspieler zur Verfügung stehen.
In Bettina Meyers raffiniertem Bühnenbild, das an die unmöglichen Figuren von M. C. Escher erinnert, halten Peter Simonischek als Unglücksrabe von einem Ehemann und Dörte Lyssewski als zwänglerische Politstreberin den albernen Abend gerade noch zusammen. Regina Fritsch serviert als Zynikerin grandios gallige Einzeiler, rundum überzeichnen Markus Hering als drolliger Aromatherapeut, Christoph Luser als zugekokster Banker, Katharina Lorenz und Barbara Petritsch als brüchiges Lesbenpaar, das dank In-vitro Drillinge erwartet. Fazit: 71 Minuten brauchte Potter für ihre gelungene Filmfarce. 20 Minuten länger dauert die Bühnenversion der Burg. Sie kommen einem wie Stunden vor.
Ute Baumhackl