Es ist ein unerfüllter Kindheitswunsch: einmal die Pyramiden von Gizeh von innen zu sehen. Die Ars Electronica in Linz macht das Unmögliche möglich. Man fliegt, mit 3D-Brille, durch die geheimen Gänge und dringt in die unterirdische Welt der Cheops-Pyramide vor. Ein Auszug einer BBC-Serie zeigt die Zauberkiste der virtuellen Archäologie und der digitalen Darstellung in einem spektakulären 360-Grad-Video und 12K-Auflösung im Deep Space 8K im neu gestalteten Ars Electronica Center.


Spielerischer Erkenntnisgewinn: Darin ist das Festival seit 40 Jahren richtungsweisend. Bei „Mirages & miracles“ im neu gestalteten Center beobachtet man durch einen iPad-Screen und plötzlich wachsen dem gezeichneten Kopf Haare. Oder: Musik trifft auf Künstliche Intelligenz. Die Tasten eines Bösendorfer-Flügels (Imperial 290 CEUS) spielen wie von Zauberhand oder ein Küchenmaschinen-Roboter von Moritz Simon Geist scheppert, köchelt und klingelt. Besucher dürfen drücken, mitmachen oder dem ersten Nachrichten-Anchor aus dem Computer zuhören.


Im Mariendom klettert man im Gerüstturm von Wu Juehui nach oben und staunt über den durch digitale Bilder und Sounds eingeläuteten Licht- und Soundkreislauf. Auch wenn einzelne Stationen in ganz Linz spielerisch anmuten, sie verhandeln mitunter große Fragen – wie jene vom Zusammenleben von Mensch und Maschine – heute und morgen.


Es scheint, als wäre die Medienkunst erwachsener geworden. Und abendoutfittauglich. In der Gleishalle stand Freitagabend Mahler im Fokus, Elektronik-Darling Christian Fennesz arrangierte Zitate aus Sinfonien neu und Lillevan vollendete die Klangmassen mit Visuals explodierender Vulkane. Silke Grabinger wagte danach ein berührendes Tänzchen mit einem Industrieroboter und zum Finale dirigierte Markus Poschner das Bruckner Orchester zum originalen Adagio der 10. Mahler Sinfonie – bevor man den Versuch der Fortführung in einem wenig spektakulären Fünf-Minuten-Opus, komponiert vom Computer, wagte.


Wem das alles zu viel ist, dem sei Emmanuel Gollobs RobotikStation „Doing Nothing with AI“ im Foyer der Post City als Gegenstück zur permanenten Aktivität zu empfehlen: Live-EEG-Messungen steuern einen mobilen mintgrün-lila Körper. So schön kann Nichtstun sein.