Bis Sonntagfrüh um 6 Uhr wurde auf den Bühnen im Nightpark die letzte Nacht des Frequency 2019 zelebriert. Davor knallte in der Abschlussshow auf der Space Stage ein ordentliches Feuerwerk - und die ersten Acts für die 20. Ausgabe des ehemaligen Alternative-Festivals im August 2020 wurden schon jetzt bekanntgegeben: Bilderbuch, Annenmaykantereit, Raf Camorra, Yung Hurn und viele andere werden auftreten - Early Bird Tickets sind bereits erhältlich.

Co-Headliner am Samstagabend gemeinsam mit den EDM-Granden Dimitri Vegas & Like Mike war Rapper Macklemore, der zum wiederholten Mal am Festival zu Gast war. Es kann einem schon bekannt vorkommen: Der Bass dröhnt, vor der Bühne gibt es kaum ein durchkommen mehr, und der Geruch am Gelände ist nach drei Tagen auch nicht mehr der beste. Trotzdem spielen Wiederholungen auf Festivals keine kleine Rolle. Sie können manchmal sogar Grund zur Freude sein. Wie etwa bei US-Rapper Macklemore am Schlusstag des diesjährigen Frequency in St. Pölten.

Wir erinnern uns zurück: Auf den Tag genau vor zwölf Monaten sorgte Ben Haggerty, wie der Musiker bürgerlich heißt, schon einmal für ein volles Haus in diesen Gefilden. Seine Musik, seine Show, seine Botschaft - sie haben sich seitdem kaum geändert. Machte auch nichts, denn immer noch ist diese sehr gut verdauliche Form des Hip-Hop, die manchmal elektronisch unterfüttert daherkommt, dann wieder eher auf handgemachten Charakter abzielt, letztlich aber vor allem eingängig sein will, für eine Veranstaltung dieser Ausrichtung und Größenordnung wie gemacht.

Das wurde schon beim Opener "Ain't Gonna Die Tonight" deutlich, der Motto und Richtung vorgab. Spaß haben, gemeinsam feiern, einfach eine gute Zeit verbringen: Die Eckpunkte waren nicht schwer auszumachen, und Macklemore wurde auch nicht müde, sein Mantra in die angenehme Sommernacht zu schreien: "Wir gehören alle zusammen!" Da mag zwar Kritik an US-Präsident Donald Trump vorkommen, wichtiger scheint aber trotzdem, die Menschlichkeit hervorzukehren. Schließlich werde dieser Planet erst durch all seine unterschiedlichen Individuen zu dem, was er ist, so Macklemore, der mit diesen Worten das große "Same Love" einläutete.

Eher auf sich bezogen schien da hingegen der Auftritt des höchst erfolgreichen Deutschrappers Capital Bra samt Entourage und Mini-Nachbildung des Brandenburger Tores direkt davor. Knallige Beats, prollige Attitüde, und der Style natürlich "Nur noch Gucci" - man musste nicht zweimal überlegen, um diese Darbietung zu verorten. Genossen hat sie die Masse aber dennoch, zog Capital Bra doch wie kaum ein anderer zuvor die tausenden Fans vor die Space Stage.

Das bekam auch die zeitgleich aufspielende Britin Charli XCX zu spüren. Trotzdem blieben bei der 27-Jährigen genug hängen, was nach einem eher durchwachsenen Besuch der ersten Konzerte nicht nur eine Art Trendwende für das Festivalfinale bedeutete, sondern auch gut war. Denn Charli XCX gehört derzeit sicherlich zu den spannendsten Acts im Grenzbereich zwischen Pop und Anspruch. In wenigen Wochen erscheint ihre neue Platte "Charli", für die sie mit etlichen Kollegen gemeinsame Sache gemacht hat. Ein kunterbuntes Potpourri an Sounds, Stimmungen und Inhalten.

"Ich habe gemerkt, welch gute Kuratorin ich bin", erklärte sie ihren Antrieb vor dem Gig im APA-Interview. "Es fühlte sich einfach richtig an, mit all diesen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich wurde von ihnen wirklich inspiriert", verwies sie auf Acts wie Christine and the Queens oder Sky Ferreira. "Außerdem sind viele von ihnen Freunde von mir - und meine Songs handeln nun mal von mir, meinem Leben, meiner Familie und meinen Freunden."

Auf der Green Stage stand Charli XCX dennoch ganz alleine, flankiert von zwei riesigen weißen Quadern, und machte trotzdem sofort klar: Sie ist hier der Boss, die Show, das Ereignis - da brauchte es gar keine weitere Ablenkung. Egal ob Hits aus eigener Feder wie "I Love It" oder eine Spice-Girls-Verehrung, in diesen gut 60 Minuten hatte alles Hand und Fuß, wusste zu überzeugen, riss von der ersten Sekunde an mit. Ähnlich wie Max Gruber alias Drangsal, der kurz zuvor mit seiner Band auf der Weekender Stage New Wave und Alternative kreuzte und seinen ganz eigenen Charme versprühte.

Den hatte auch der Auftritt von Naked Cameo zu früher Stunde. "Wir sind es nicht anders gewohnt", schmunzelte Sänger Lukas Maletzky danach im Gespräch. "Deshalb war es auch nicht sonderlich schwer, auf dem Frequency zu spielen." Stimmt. Aber natürlich kommt dem Quartett, das sich aktuell zu gleichen Teilen auf Wien und Linz aufteilt, auch ein tolles Album wie "Of Two Minds" und die darauf enthaltenen Songs zugute. Neues Material soll bald folgen, eine EP noch im Herbst, eine neue Platte voraussichtlich im kommenden Jahr.

Und zwischen dem Songwriting und Produzieren wird natürlich eifrig gespielt. "Wir sind immer am höchsten Level der Motivation", betonte Schlagzeuger Patrick Pillichshammer. "Es ist eine kleine Komfortzone für uns: Man steigt in den Bus, fährt wohin und lässt den Alltag hinter sich. Da vergisst du dann, ob du einen Zahnarzttermin hast", lachte er. "Mit der Band unterwegs zu sein, liebt jeder von uns." Was wohl auch für Rocker Barns Courtney gilt, der mit viel Energie die Leute zum Tanzen brachte.

Ohnehin waren es schlussendlich gar nicht so wenige Gitarren, die bei diesem Frequency trotz des sehr EDM- und Rap-lastigen Programms für Highlights sorgten. Nämlich auch The Offspring: Der Kultband um Sänger Dexter Holland war es beschieden, die Green Stage zu beschließen. Ausgelassen wurde zu diesem Anlass nichts, von "Pretty Fly" bis "Self Esteem" gab es eine kleine Zeitreise in die 90er. Das mag vielleicht derzeit nicht ganz so angesagt sein wie so manch anderer Sound, der in den vergangenen drei Tagen erklungen war. Aber zum Glück gibt es immer noch Platz und Nachfrage dafür. Und wer weiß: Gelungene Wiederholungen sind am Frequency ja keine Seltenheit.

Sonnenschein zum Finale: Beatrich eröffnete Abschlusstag

Beatrich nennt sich die in Litauen geborene Musikerin Beatrice Pundziute im professionellen Umfeld, regionale Unterschiede zu der üblichen Standardware im Bereich eingängiger Hooks und beatlastiger Arrangements waren allerdings nicht auszumachen. Immerhin ist die Sängerin seit einiger Zeit in Los Angeles stationiert, wo sie eifrig an ihren Stücken werkelt. Diese handeln, wie könnte es anders sein, meist von der Liebe - garniert mit einer Prise Melancholie oder Aufmüpfigkeit, wie es gerade passt.

Wirklich viele haben das allerdings nicht mitbekommen, bevorzugten kurz nach 15 Uhr offenbar noch viele den Charme des Campingplatzes oder versorgten sich in der nahen St. Pöltner Innenstadt mit dem Nötigsten für die letzten Stunden am Frequency. Ein bisschen besser ging es Naked Cameo: Die heimische Indieband gab auf der Green Stage den Anheizer und sorgte mit einer Mischung aus elektronischem Unterbau sowie feinen Gitarrenklängen für einige schöne Momente. Das lockte sicher auch ein bisschen Laufkundschaft an.

"Alles sehr imposant"

Das weitläufige Gelände ebenfalls bereits durchschritten hat am Samstag Max Gruber: Der deutsche Musiker, der als Drangsal zwei hervorragende Alben veröffentlicht hat und seinem kühlen New Wave allerlei Facetten abgewinnen kann, wird später noch live zu erleben sein. "Das ist alles sehr imposant, ich bin schockiert", lachte Gruber im APA-Interview, eine Spur gezeichnet von den aktuellen Festivalstrapazen. "Es ist eine Mischung aus Müdigkeit und Hitze", gab er zu verstehen. Gestern Highfield-Festival, heute St. Pölten, im Anschluss geht es direkt weiter nach Hamburg - das kann schon anstrengend sein.

Dass Drangsal heute indoor zu Werke gehen muss, findet Gruber zwar schade. "Aber es ist immer geil, wenn ich publikumsnah sein kann. Sich auf Absperrungen stellen, an den Leuten festhalten, das ist super. Es hat also schon einen Einfluss, wo ich spiele. Dafür, dass hier die Bühne drinnen ist, ist sie allerdings wirklich amtlich." Die bunte Ausrichtung des Frequency mit durchaus kommerzieller Schlagseite versteht Drangsal, der musikalisch sicherlich heraus sticht. "Es findet ja auch eine Verwischung dieser Genregrenzen in Festival-Line-ups statt, weil sie schauen müssen, dass sie genug Kohle verdienen. Es geht nicht nur The Offspring. Früher gab es ja für jede Musik ein eigenes Festival."

Großartig anpassen müsse er sich deshalb nicht. "Ich ziehe einfach durch", überlegte Gruber kaum eine Sekunde. "Was soll ich denn machen, ein DJ-Set? Witzigerweise spielen wir heute trotzdem das längste Set an diesen drei Tagen, nämlich eine gute Stunde. Da ist dann einfach der Ablauf ein bisschen anders." Und zum Glück ausreichend Gelegenheit, seinen Charme wirken zu lassen.

(APA)

Lieber eine Decke mehr: Kühle Nacht machte Besuchern zu schaffen

Eine kühle Nacht hat einigen Besuchern des Frequency-Festivals in St. Pölten zu schaffen gemacht. Das Rote Kreuz hielt bis Samstagfrüh bei 1412 Versorgungen, davon allein 365 in der Nacht. Ursachen waren vor allem Unterkühlung, Kreislaufprobleme, Insektenstiche und Schnittverletzungen. Laut Exekutive wurde am Freitag ein 17-Jähriger festgenommen, der zwei Polizisten angesprungen haben soll.

Stadtpolizeikommandant Franz Bäuchler sprach von einer "vollkommen grundlosen Attacke von hinten". Der alkoholisierte Deutsche soll zwei Beamte, die auf dem Campinggelände patrouillierten, angesprungen haben, die dadurch zu Sturz kamen und über eine Böschung auf ein Zelt fielen. Anschließend "hat er sich gegen die Festnahme gewehrt", berichtete Bäuchler am Samstag auf APA-Anfrage. Der 17-Jährige hatte laut Polizei 1,5 Promille intus. Die Beamten wurden den Angaben zufolge leicht verletzt, das Zelt wurde beschädigt.

Relativ ruhig

"Im Großen und Ganzen ist es relativ ruhig", sagte Bäuchler. Es seien zwar Diebstähle gemeldet worden, aber "weniger als in den vergangenen Jahren". Außerdem wurden Drogendelikte verzeichnet.

Ein Sprecher des Roten Kreuzes riet indes Festivalbesuchern: "Lieber eine Decke mehr nehmen, weil es in der Nacht sehr abkühlt." Weiterhin wurde der Verlauf aus Sicht der Einsatzkräfte als "sehr ruhig" beschrieben. Zu Spitzenzeiten sind laut einer Aussendung rund 90 Sanitäter sowie zusätzliche Notärzte, Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams, Fahrer in der Logistik und Administrationskräfte im Einsatz.

(APA)