Mit den sechs Brandenburgischen Konzerten von Johann Sebastian Bach wird man, ähnlich wie mit den Symphonien Beethovens, nie fertig. Jede Generation entdeckt ihre Schönheit neu, immer wieder werden sie neu beleuchtet und müssen auch für neuartige Interpretationen herhalten – musikalisch und theoretisch.
Bei der styriarte versuchte man sie via Einspielfilme und ausführliche Erklärungen im Programmheft durchwegs allegorisch zu deuten, und ordnete den einzelnen Konzerten Geschichten und Szenen aus der antiken Myhtologie zu. Solcherlei rahmende Erklärungen bergen nicht nur die Gefahr, die Musik zu kindischer Lautmalerei zu verzwergen. Letztlich verraten diese Verstehenswut und ihr Drang, im innersten Wesen uneindeutige Phänomene (wie eben die Musik) dingfest zu machen, viel mehr über unseren Zugang zu Kunst aus als über die Kunst selbst.
Soviel Skepsis bei diesem dramaturgischen Überbau über das eigentliche Konzert angebracht war, so gelungen die musikalischen Interpretationen, die der Concentus Musicus Wien bot. Beim von Stefan Gottfried vom Cembalo aus geleiteten Ensemble, das einst von Nikolaus Harnoncourt mitbegründet worden ist, ist Bach sozusagen wohltemperiert. Die Zeit der Extreme, in denen die Originalklangensembles durch kecke, schrille und schrotte Eigenheiten und Details auf sich aufmerksam machten, sind großteils vorbei. Einen solchen Zirkus machen die Wiener nicht mit. Die sechs Konzerte kommen hier meist im entspannten Zeitmaß daher, in souveräner, quasi selbstverständlicher Virtuosität (etwa von Primgeiger Erich Höbarth), wodurch das Ganze leichten, eleganten Schwung erhält. Es ist barock-festliches Fest der Harmonie, prunkvoll und intensiv, das gut ohne die eingangs erwähnten Erklärungen ausgekommen wäre. Auffällig: der aparte Sound aus Violen und Gamben im sechsten Konzert oder auch die Beherrschung solch abenteuerlich schwer zu spielender Instrumente wie der Barocktrompete durch Gabriele Cassone im Konzert Nr. 2.