Wie die FAZ berichtet, ist Bruno Ganz, einer der größten Schauspieler der Gegenwart, in der vergangenen Nacht verstorben. Der Schweizer Schauspieler starb in den frühen Morgenstunden im Kreise seiner engsten Familie an den Folgen seiner Krebserkrankung, wie seine Agentin Patricia Baumbauer mitteilte. Bis zuletzt habe er "intensiv und voller Freude an Projekten gearbeitet". Erst im Sommer des Vorjahres war bekannt geworden, dass der Schauspieler an Darmkrebs erkrankt war.
Als Junge war er schüchtern
Mit ihm hat die Film- und Theaterwelt einen ihrer größten Mimen verloren. Bruno Ganz wuchs in Zürich-Seebach als Sohn eines Schweizer Fabrikarbeiters und einer Italienerin auf. Die Schauspieler-Karriere wurde ihm aber nicht in die Wiege gelegt. "Als Junge war ich krankhaft schüchtern", erzählte er in seinen späteren Lebensjahren. Ein Lehrer hatte seinen Eltern - der Vater war Arbeiter, die Mutter stammte aus einer äußerst armen Familie in Oberitalien - erklärt, Bruno sei "zurückgeblieben". Weil er lieber aus dem Fenster schaute und träumte, blieb er sitzen und machte nie die Matura.
Der Wunsch, selbst auf der Bühne zu stehen
Dafür entdeckte Ganz die Schauspielerei: bei seinem ersten Bühnenauftritt im Konfirmationsunterricht. Schon vor der Matura beschloss er, Schauspieler zu werden. Der vielfach ausgezeichnete Darsteller begann seine Karriere am Theater, wo er mit Regisseuren wie Peter Zadek und Claus Peymann zusammenarbeitete. Die von Ganz mitbegründete Berliner Schaubühne wurde in den 1970er Jahren zum Mittelpunkt des europäischen Theaterlebens. Dort spielte er unter anderem die Titelrolle in Ibsens „Peer Gynt“.
Erfolg vor der Kamera
Neben der Bühne erlangte Ganz ab den 1970er-Jahren auch im Film Bekanntheit. Mit 19 Jahren spielte er seine erste Filmrolle, den Kammerdiener, in "Der Herr mit der schwarzen Melone". Er drehte u.a. mit Wim Wenders „Der amerikanische Freund“ und „Himmel über Berlin“, 2000 war er in „Brot und Tulpen“ zu sehen.
2004 sorgte er als Adolf Hitler für Aufsehen
Den Nazi-Diktator im Film "Der Untergang" (Drehbuch von Bernd Eichinger) mimte er verstörend, unheimlich und gleichzeitig lebensecht und nachvollziehbar (siehe Video). Beigetragen hat sicher, dass es den Maskenbildnern nicht schwer fiel, Ganz tatsächlich wie Hitler aussehen zu lassen. Ihn habe es "umgehauen, wie sehr ich Hitler ähnlich sah", sagte der Schauspieler am Rande der Dreharbeiten. "Wenn ich ein Deutscher wäre, könnte es gut sein, dass ich das nicht spielen würde."
Er drehte mehr als 80 Filme
2008 spielte er im ebenfalls von Eichinger produzierten Baader-Meinhof-Komplex den BKA-Präsidenten Horst Herold. Mehr als 80 Filme drehte er insgesamt, zuletzt war er in dem Horror-Thriller "The House that Jack Built" von Lars von Trier zu sehen, der im Mai 2018 beim Filmfestival in Cannes uraufgeführt wurde.
Seit "Der Untergang" hatte sich Ganz vor Rollenangeboten aus aller Welt kaum retten können. Doch er blieb wählerisch, spielte, worauf er wirklich Lust hatte - darunter mit Liam Neeson den Hollywood-Thriller "Unknown Identity" (2011). Auch wenn Ganz abwechselnd in Berlin, Venedig und Zürich lebte, blieb er seiner Heimat immer treu.
Vom Almöhi bis zu Sigmund Freud
Auch als Schauspieler: 2014 gab er mit Bravour für eine Neuverfilmung die Schweizer Altherren-Paraderolle - den Großvater des Alpenmädels Heidi. "Den Alpöhi zu spielen", sagte er augenzwinkernd Reportern des Schweizer Fernsehens, "ist doch eine patriotische Pflicht." Noch 2017 spielte Ganz in der Verfilmung von Robert Seethalers Erfolgsroman "Der Trafikant" den Psychoanalytiker Sigmund Freud.
Zufriedener Rückblick aufs Leben
Ganz blickte 2017 zufrieden auf seine Karriere zurück: "Wenn man so eine Arbeit gefunden hat, dann ist das schon ein Geschenk", sagte der Schweizer der "NZZ". "Ich habe die Zeit gut verbracht." Er bereue seine Alkoholexzesse. Mit Anfang 60 habe er aufgehört zu trinken. "Ich bin froh, dass sich die Menschen, die mir nahestehen, nicht mehr mit dem betrunkenen Bruno Ganz quälen müssen."
Im Sommer 2018 sollte Ganz bei den Salzburger Festspielen den Erzähler in der Mozart-Oper "Die Zauberflöte" spielen. Dazu kam es nicht mehr. Die Proben musste er auf dringenden ärztlichen Rat abbrechen.