Finanzminister Löger sagte nach der Budgetpräsentation in einem Interview, immerhin seien nun wohl alle Minister gleich unglücklich. Wie bewerten sei denn Ihr Unglück angesichts eines Kunst- und Kulturbudgets von 456,6 Millionen Euro für 2018?
Gernot Blümel: Mehr würde natürlich immer gehen. Aber ich bin froh, dass die Befürchtungen, die zu Regierungsantritt geäußert wurden, nicht eingetreten sind – im Gegenteil: Es ist uns gelungen, das Kulturbudget nicht nur zu halten, sondern sogar noch auszubauen.

Das Plus gegenüber dem Vorjahresbudget von 455,1 Millionen Euro soll angeblich in Infrastrukturmaßnahmen, EU-Ratspräsidentschaft und Gedenkjahr gehen?
Dafür gibt es eigene Budgets. Das Gedenkjahr etwa hat aus verschiedenen Töpfen ein Budget von rund 4,6 Millionen Euro.

Wenn dieses Geld nicht zweckgebunden ist: Was werden Sie damit machen?
Wenn ich eines gelernt haben, dann, dass es im Kulturbereich sicher nicht zu wenige Ideen gibt. Nachdem das Budget gerade erst beschlossen wurde, schauen wir uns derzeit genau an, welche Verwendung politisch möglichst sinnvoll ist.

Ist ein im Großen und Ganzen gleich bleibendes Budget schon ein Erfolg?
Es gibt zu 2017 insgesamt eine kontinuierliche Steigerung, sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr. Ich denke also, wir haben das gut hinbekommen.

Die von vielen erhoffte Valorisierung ihrer Gelder geht sich aber damit nicht aus?
Als Regierungskoordinator weiß ich aus den Budgetverhandlungen, dass diese Hoffnung ja nicht nur im Kunst- und Kulturbereich geäußert wird, sondern überall, wo es Basisabgeltungen oder Förderungen gibt. Der Wunsch ist nachvollziehbar, aber es ist auch leicht nachzurechnen, dass das nicht in allen Bereichen erfüllbar ist.

541 Millionen soll das Budget in diesem Jahr erwirtschaften, haben Sie sich davon schon den Anteil für Kunst und Kultur gesichert?
(Lacht.) Da geht es um die Budgetplanung 2019. Wir wollen zum ersten Mal seit 1954 als Staat keine neuen Schulden machen. Das heißt natürlich, dass man sehr diszipliniert haushalten muss. Welche Schwerpunkte man dann wo und wie setzt, wird sich zeigen.

Jüngst wurde Wien wieder einmal zur weltweit lebenswertesten Stadt gekürt. Bekanntermaßen prägt das Kulturangebot das Ansehen einer Stadt. Wien hat wunderbare Einrichtungen, die auch großzügig gefördert werden: die Bundestheater mit rund 170 Millionen Euro jährlich, die Bundesmuseen mit rund 113 Millionen. Für die Länder bleibt vergleichsweise wenig.
Die Situation ist historisch gewachsen. Die Kompetenz des Bundes ist es ja vor allem, überregional relevante Projekte zu fördern. Ich weiß natürlich, dass auch in den Ländern sehr viel überregional Relevantes passiert, darüber habe ich auch schon mit vielen Kulturverantwortlichen in den Ländern gesprochen. Aber es ist halt der Kuchen da, der da ist.

Aber die „Stärkung der Länder“ ist ein erklärtes Anliegen der Regierung. Was unternimmt da der Kulturminister?
Dazu gibt es viele Vorschläge aus den Ländern und wir sind im Austausch zu möglichen Kooperationen – auf Basis der budgetären Vorgaben natürlich. 

In Oberösterreich und Kärnten gab es zuletzt heftige Kürzungen im Kulturbudget. Früher sprang in solchen Fällen der Bund ein. Zuletzt aber häuften sich aber Befürchtungen, solche Subsidiärförderungen könnten künftig komplett ausfallen, weil Bund und Länder ihre Fördervergaben aneinander knüpfen. Was sagen Sie dazu?
Das lässt sich so pauschal nicht beantworten, man muss das von Einzelfall zu Einzelfall beurteilen. Und es gibt ja in einigen Fällen langfristige Kofinanzierungszusagen, die bleiben natürlich aufrecht.

Höhere Geldflüsse in die Länder sind nicht vorgesehen?
Wir stehen zu den Verträgen, an die wir gesetzlich gebunden sind, etwa mit Salzburg, Erl, Bregenz. Im Bereich der Förderungen wird jedes Projekt danach bewertet, ob es dem Bundeskulturauftrag entspricht und ob genug Geld zur Finanzierung da ist.

Ihr Vorgänger Thomas Drozda war stolz auf 3 Millionen Euro mehr Förderbudget für die freie Szene. Gerade auf dem Land zählen freie Gruppen, private Galerien zu den wichtigsten Kulturträgern. Müsste man nicht genau die noch intensiver fördern?
Ich finde die Akzente gut, die mein Vorgänger hier gesetzt hat und bin froh, dass wir eingegangene Verpflichtungen auf Basis dieses Budgets auch halten können. Wir werden schauen, wo wir mit den Mitteln, die noch frei sind, weiter diesem Auftrag folgen können.

Vor den Wahlen wurde in Anbetracht ihrer oft prekären Lage die Frage einer Mindestabsicherung für Künstler und Kulturarbeiter diskutiert. Ist das eine Idee, die Sie weiter verfolgen wollen?
Die Frage der sozialen Situation von Künstlerinnen und Künstlern ist natürlich relevant, dazu wurde im Dezember von meinem Vorgänger Thomas Drozda eine Studie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Sommer vorliegen, damit werden wir uns eingehend befassen, bevor wir weitere Schritte planen.

Werden Sie auch das Vorhaben der letzten Regierung weiter verfolgen, die Strukturen in der Filmförderung zusammenzuführen?
Es gibt bereits einen Termin mit Filmschaffenden, bei dem das strukturiert durchdiskutiert werden soll. Wenig überraschend kam von allen Stakeholdern, mit denen wir bisher gesprochen haben, die Idee, dass es gut wäre, mehr Geld zu haben.

Was ist Ihre kulturpolitische Vision, welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen Sie selbst setzen?
In vielen Bereichen läuft es ja bereits sehr gut. Wenn man sich die Besucherzahlen ansieht, läuft es in den Bundesmuseen und Bundestheatern in die richtige Richtung. Zum Bundesdenkmalamt hat es einen Rechnungshofbericht gegeben, der deutliches Verbesserungspotenzial aufgezeigt hat. Hier sind rund 80 Prozent der Empfehlungen bereits umgesetzt, die restlichen 20 Prozent befinden sich in Umsetzung.

Auch von einer möglichen Verländerung des BDA war die Rede.
Das ist derzeit kein Thema. Hier zusätzliche föderale Strukturen aufzubauen ist, glaube ich, nicht zielführend. Aber den Servicegedanken im BDA halte ich für ausbaubar, etwa, wenn es um kompetente Auskunft für Leute mit denkmalgeschütztem Besitz geht. Wir haben uns im Regierungsprogramm auch dazu bekannt, mehr Möglichkeiten zu schaffen, um Kinder und Jugendliche mit Kunst und Kultur zu konfrontieren. Hier gibt es bereits sehr viele Angebote, aber keine einheitliche Übersicht. Also werden wir noch im heurigen Jahr eine Plattform aufbauen, um die Angebote der einzelnen Institutionen abrufbar und damit sichtbarer zu machen.

Der ORF ist derzeit ein Dauerthema. Sie verweisen als Medienminister immer auf die medienpolitische Enquete, die Sie im Juni planen, und halten sich ansonsten mit Äußerungen zurück. Nun hat der Stiftungsrat gerade eine Neuorganisation der ORF-Information abgesegnet, auf Social Media gibt es dazu Befürchtungen, das könne der Unabhängigkeit der Berichterstattung schaden.
Das ist eine Entscheidung der Geschäftsführung. Mir geht es um Fragen der medienpolitischen Weichenstellung: Was definiert den öffentlich-rechtlichen Auftrag? Was sind die großen medienpolitischen Herausforderungen? Können Private im digitalen Raum noch überleben? Wird es in Zukunft noch österreichische Inhalte gegen oder wird alles über Google und Facebook verhandelt?  

Sie wollen grundsätzlich werden?
Diese Diskussion fehlt in Österreich. Es gibt kein Problembewusstsein für medienpolitische Herausforderungen. Dazu soll die Enquete einen Beitrag leisten. Ein strukturierter Diskurs ist die erste Notwendigkeit, um sich gesellschaftlich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und zu klären, was die Politik auf Basis dieser Probleme tun muss.

Es gibt ja sehr wohl eine medienpolitische Diskussion in diesen Wochen, auf Ebene des Gebührenstreits. Die FPÖ echauffiert sich lautstark über „Zwangsgebühren“, die ÖVP äußert sich dazu bisher fast gar nicht.
Das stimmt so nicht, ich habe dazu eine klare Meinung: Es muss eine staatliche Finanzierungskomponente für Medien geben, weil es in einem nicht regulierten Markt mit einem zehnmal so großen gleichsprachigen Nachbarn keine österreichischen Inhalte mehr gäbe, wenn man unter rein profitorientierten Gesichtspunkten für den gesamten deutschsprachigen Markt produziert.

Sie fürchten um die österreichische Identität?
Das ist auch aus demokratiepolitischer Sicht ein Problem. In Österreich wird von öffentlicher Seite pro Jahr circa eine Milliarde Euro in den Medienmarkt gepumpt. Das ist nicht wenig Geld. Man kann also legitimerweise darüber diskutieren, wie das verteilt und eingehoben wird. Ob gebührenfinanziert oder budgetfinanziert, das sind Detailfragen. Aber den Grundkonsens stellt aus meiner Sicht niemand in Frage.

Abschließend: Dass Sie nicht bei der Eröffnung der Diagonale waren, hat in Graz für einigen Gesprächsstoff gesorgt.
Ich wäre sehr gerne zur Diagonale gekommen und versuche, bei so vielen Terminen wie möglich anwesend zu sein, aber der Tag hat halt nur 24 Stunden.