Seine Songs sind melodisch und sanft melancholisch. Aber Liedermacher Reinhard Mey mag es auch bissig, ironisch und temperamentvoll. Vertonte Sehnsüchte wie in "Über den Wolken" oder absurde Alltagserlebnisse wie in "Ich bin Klempner von Beruf" haben den gebürtigen Berliner berühmt gemacht. Am Donnerstag feiert der Sänger seinen 75. Geburtstag.

Mehr als 500 Lieder sind in den vergangenen Jahrzehnten entstanden. Von Ruhestand ist aber keine Rede. Mit "Mr. Lee" ist kürzlich Meys 27. Studioalbum erschienen. Damit tourte Mey quer durch Deutschland von Hagen bis Hamburg und Magdeburg bis München. Im Februar und März geht es dann nach Österreich - von Bregenz am 22. Februar bis zum Wiener Konzerthaus am 2. und 3. März.

Interviews wolle er zu seinem Geburtstag nicht geben, heißt es bei seinem Management. Zahlreiche Anfragen und auch große TV-Abendsendungen seien abgelehnt worden. Der Sänger lässt seine neuen Lieder sprechen. Sie heißen "So viele Sommer", "Lucky Laschinski" und "Wenningstedt Mitte". Mey singt in bewährt ernst-heiterer Mischung über die Endlichkeit des Lebens, die zugelaufene Katze und das Familienleben.

Mey begann seine Musiker-Karriere als "Barde mit der Gitarre" ("Ich wollte wie Orpheus singen") in den 60er-Jahren in Frankreich als Frédérik Mey. Mit seiner Berufswahl habe er nie gehadert, meinte der Musiker in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einmal. "Ich habe diesen Entschluss nie bereut, nicht in lausigen Sälen, nicht angesichts hämischer Kritiken und auch nie in den einsamen Stunden des Lampenfiebers."

Vor 50 Jahren habe er sein Betriebswirtschaftsstudium an den Nagel gehängt und sich entschieden, Berufsmusiker zu werden. "Diese Berufsbezeichnung trug ich in Hotels und Pensionen wie einen Adelstitel stolz in die Spalte "Beruf" der Meldescheine ein." Er habe "Feuer gefangen am Dichten, am Suchen und Finden von Ideen, Worten und Melodien und vor allem am Ringen mit unserer schönen, störrischen, aber dafür so wunderbar genauen Sprache."

Reinhard Mey wurde am 21. Dezember 1942 in Berlin-Wilmersdorf geboren - "als die ersten Bomben fielen, kam ich grade auf die Welt". Er entwickelte eine Art Hassliebe zu seiner Vaterstadt, die er aber nie endgültig verließ. An der Mauer, die die Stadt teilte, rannte er sich nach eigenen Worten "immer wieder den Kopf ein".

Schon 1962 vertonte Mey Balladen von François Villon. Zu seinen späteren Erfolgen gehörten Songs wie "Ankomme Freitag, den 13.", "Menschenjunges", "Diplomatenjagd", "Annabelle, ach Annabelle" und "Gute Nacht, Freunde". Einen seiner größten Hit landete der leidenschaftliche Amateurpilot mit dem Evergreen "Über den Wolken".

Kritiker warfen ihm gelegentlich eine musikalisch zunehmende Gleichförmigkeit vor, andere loben ihn als "stille, ehrliche Kraftquelle" für den Alltag. Seine Fans sind Reinhard Mey seit Jahrzehnten treu.

"Keine Mega-Party, kein Aufriss, kein Fernsehen, kein Radio, keine Interviews. Ich habe euch mein Leben in meinen Liedern erzählt", hatte der Chansonnier mit der samtigen Stimme schon zum letzten runden Geburtstag erklärt. Das Leben habe ihn "mit Geschenken überhäuft, mit Glück und Liebe überschüttet und, wie, um Gleichgewicht und Gerechtigkeit wiederherzustellen, auch mit dem größten Schmerz". Sein 1982 geborener Sohn Maximilian war 2009 nach einer schweren Krankheit ins Wachkoma gefallen, wie Mey damals mitteilte. Im Jahr 2014 starb Meys Sohn.