Die Welt kann kommen! Mit einer zweistündigen, von André Heller kuratierten Eröffnungsshow am Heldenplatz, zu der bei trockenem Herbstwetter nach Veranstalterangaben 7.500 Menschen gekommen waren, ist das Weltmuseum Wien am Mittwochabend nach seinem Umbau wiedereröffnet worden. Nicht nur Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich angetan von der "wunderbaren neuen Begegnungsstätte".

Der Bundespräsident fand den Titel Weltmuseum Wien, der den alten Namen Völkerkundemuseum abgelöst hat, sowie das Eröffnungsdatum am Vorabend des Nationalfeiertags gut gewählt. Er zeigte sich erleichtert, dass Österreich zwar "so gut wie keine koloniale Vergangenheit" habe, gab aber zu bedenken, dass die Begegnung mit anderen Kulturen in der Vergangenheit nicht selten von einem herablassenden Überlegenheitsgefühl geprägt gewesen sei. In dem neuen Museum lerne man dagegen nicht nur, einander auf Augenhöhe zu begegnen, sondern auch "uns selbst mit anderen Augen zu sehen".

Weltmuseum Wien eröffnet: 7500 Menschen bei Show am Heldenplatz

Open-Air-Show

André Heller sprach bei der Open-Air-Show, die mit ihrer Buntheit in auffälligem Kontrast zu dem auf dem Heldenplatz und vor dem Burgtheater aus Anlass des Nationalfeiertags in Stellung gebrachtem Militärgerät stand, die Eröffnungsworte. Er ließ dem freundlichen Wetter einen Applaus spenden und erinnerte an den Heldenplatz als einen Ort der wahren und falschen Helden, an Reden von Adolf Hitler wie von Ellie Wiesel oder Salman Rushdie. Er nannte das Weltmuseum Wien "eine Art Botschaftsgebäude für das sogenannte Fremde, in Zeiten der Unkultur ein Haus der Kulturen": "Die Furcht vor und der Hass auf das Fremde ist ein geistiges Krebsgeschwür, das sich durch die Geschichte und die Jahrtausende zieht." Und er rief auf: "Macht Gebrauch von diesem Angebot des Weltmuseums!" Es sei "äußerst gelungen, klug durchdacht und innovativ gestaltet". "Die Botschaft des Weltmuseums lautet: Respektiert und achtet einander!"

Mix der Kulturen

So lautete auch die Botschaft der Eröffnungsshow, die Christoph Wagner-Trenkwitz souverän moderierte und bei der Adele Neuhauser zwischen den Musik- und Tanzbeiträgen Literatur u.a. aus Australien, Indien, Südafrika, Mexiko und der Mongolei vortrug. Musste man nach den Tänzen der australischen Aborigines-Gruppe Koomurri noch eine Exotik- und Folklore-Show befürchten, wurde man glücklicherweise bald eines Besseren belehrt - einerseits durch die Qualität der ausgesuchten Künstler, andererseits durch die immer wieder gelungene Verschränkung alter Traditionen mit zeitgenössischen Elementen oder im Mix unterschiedlicher Kulturen, die, richtig abgemischt, perfekt harmonierten.

So überzeugten die indische Katakali-Tänzerin Sandhya Raju und ihr hip-hoppender Landsmann Akilesh Kevasan ebenso im Zusammenspiel wie die aus dem Iran stammende Sängerin Golnar und die in Bosnien-Herzegowina geborene Natasa Morkovic als grandioses A-Kapella-Duo oder das bulgarisch-französisch-mongolische Trio Violons Barbares. Zu den Höhepunkten zählte ein von einem Puppentheater aus Kapstadt mit Unterstützung von Studenten der Figurentheaterakademie Bratislava aufgeführter Kampf einer Schlange mit einem Vogel, während eine mexikanische Gruppe vorzeigte, wie anders sich der Begriff "Federkrone" (eine mexikanische Federkrone zählt ja zu den Prunkstücken des Museums, Anm.) auch interpretieren lässt und wie nahe man dabei heimischen Perchtenlauf-Traditionen kommen kann. Am Ende kam man mit einem Landler des österreichischen Bläserensembles Federspiel der eigenen Fremde auf die Spur, ehe zum Finale aller Mitwirkenden die Globalisierung einmal ihre friedliche, völkerverständigende Seite zeigen durfte.

Bis ein Uhr früh sollte anschließend das Weltmuseum Wien für die Besucher geöffnet bleiben (am Nationalfeiertag ist das Haus von 13 bis 21 Uhr gratis zugänglich). Sie erwartete ein wahrlich runderneuertes, dem Diskurs ebenso wie dem Schauen und Staunen verschriebenes Museum auf der Höhe der Zeit. In der Gestaltung von Architekt Ralph Appelbaum, der in der Schausammlung auf weiße Themensäle und schwarze, an Geografie und Sammlungsgeschichte orientierte Räume setzt, hat man die Anzahl der Objekte radikal reduziert und den unzähligen Geschichten, die sie erzählen, viel Raum gegeben.

Von der auf Bali lebenden Hoteliersgattin bis zur österreichischen Leibköchin des letzten äthiopischen Kaisers sind es unglaublich viele, mit großer Sorgfalt ausgewählte Einzelaspekte, die hier zu entdecken sind. Diese glänzende "Perlenkette an Geschichten" (Weltmuseum-Direktor Steven Engelsmann) bindet einen, unterstützt von einer Vielzahl von Touch-Screens und Multimedia-Stationen, für Stunden. Dass die Audiostationen mitunter im Besucherwirbel nur schwer verständlich sind, ist eine Nachjustierungsfrage, dass der wunderschöne Balkon des Mezzanin nicht bespielt werden kann, wohl den Behördenauflagen geschuldet. Ansonsten gilt aber: Das neue Weltmuseum Wien ist ein Weltklassemuseum geworden. Es stellt die richtige Fragen an die Vergangenheit und bezieht die Gegenwart stets mit ein. Unter den seit längerem in die Krise geratenen Ethnologischen Museen hat es hier im internationalen Vergleich eindeutig die Nase vorn.

Zu den prominenten Gästen noch vor der offiziellen Eröffnung zählten neben Ex-Kulturminister Josef Ostermayer (der die Verkleinerung des Projektes zu verantworten hat) und Filmregisseur Michael Haneke auch Filmstar Tilda Swinton und Filmregisseur Wes Anderson ("Grand Budapest Hotel" u.a.), die von KHM-Kurator Jasper Sharp durch das Museum geführt wurden. Anderson, so war zu erfahren, soll an einer Ausstellungsintervention für das Kunsthistorische Museum arbeiten.