Es war die eigentliche Eröffnungspremiere der neuen Intendanz von Oliver Reese am Berliner Ensemble. Michael Thalheimers Inszenierung von Bertolt Brechts "Der kaukasische Kreidekreis" wurde am Samstagabend anhaltend bejubelt. Im Zentrum des Jubels stand die österreichische Schauspielerin Stefanie Reinsperger als um ihren Ziehsohn kämpfende Magd Grusche Vachnadze.
Reinsperger, die vom Volkstheater Wien nach Berlin gewechselt ist und im Sommer an der Seite von Tobias Moretti als Buhlschaft im Salzburger "Jedermann" debütiert hat, spielt die Grusche mit großer Innigkeit. Thalheimer stellt sie meist ins Scheinwerferlicht und lässt sie frontal in den Zuschauerraum agieren. Unter begleitenden Rock-Gitarren-Klängen ist der Lautstärkepegel des 105-minütigen Abends hoch, auch Emotionen suchen sich meist schreiend ihren Ausdruck.
Dennoch berührt die alte, tragische Geschichte des Kampfes zwischen Mutter und Ziehmutter, den der Richter Azdak (Tilo Nest, ebenfalls aus Wien bestens bekannt) der Ziehmutter zuspricht, da diese nicht riskieren möchte, beim Zerren um das Kind dieses zu verletzen, und so mehr Sorge um das Kind beweist als seine leibliche Mutter.
Nach zwei eher etwas verhalten aufgenommenen Premieren ist der dritte Streich an diesem Auftakt-Wochenende des Berliner Ensembles eindeutig der gelungenste. Ex-Direktor Claus Peymann, der hier 18 Jahre das Theater leitete, scheint niemand mehr zu vermissen.