Als Wüstenwanderer in Wim Wenders' Roadmovie "Paris, Texas" wurde er weltberühmt: Nun ist der US-Schauspieler Harry Dean Stanton tot. Er starb am Freitag (Ortszeit) im Alter von 91 Jahren in einem Krankenhaus in Los Angeles eines natürlichen Todes, wie sein Agent mitteilte. Stanton spielte im Laufe seines Lebens in rund 250 Filmen mit, häufig verkörperte er Außenseiter und Gangster. Regisseur David Lynch, mit dem Stanton zuletzt gedreht hatte, würdigte ihn als "großartigen Schauspieler und fantastischen Menschen". Lynch fügte hinzu: "Ein Großer ist von uns gegangen." Ihr gemeinsamer Film "Lucky" kommt in Kürze in den USA in die Kinos und läuft ab dem Jahresende auch in Europa. Darin spielt Stanton einen gealterten Atheisten, der sich auf eine spirituelle Reise begibt.
Stantons dunkle Augen und sein vom Leben gezeichnetes Gesicht prädestinierten ihn für die Rolle eines Anti-Helden. Mit 56 Jahren bot ihm Wim Wenders die Rolle seines Lebens an: In "Paris, Texas" von 1984 spielte Stanton den Vater Travis, der an Gedächtnisverlust leidet und nach langem Herumirren in der texanischen Wüste zurück in die Stadt findet. Der Film gewann in Cannes die Goldene Palme.
Geboren wurde Stanton am 14. Juli 1926 im US-Bundesstaat Kentucky. Während des Zweiten Weltkriegs erlebte er als Marinesoldat im Pazifik die blutige Schlacht um die japanische Insel Okinawa. "Ich habe japanische Kamikaze-Flieger gesehen, aber ich hatte das Glück, nicht getötet zu werden", sagte er später.
Aus dem Krieg zurückgekehrt, studierte er an der Universität von Kentucky und ging anschließend nach Los Angeles, wo er 1957 sein Schauspiel-Debüt gab. Zunächst schien er auf Nebenrollen in mittelmäßigen Cowboy- und Mafiafilmen abonniert. "Jahrelang durfte ich nur Killer oder Bullen spielen", klagte er später. "Wie frustrierend! Es ist schrecklich, immer wieder dieselben Gefühle zu mimen."
Doch dann bot ihm Jack Nicholson 1966 die Hauptrolle in seinem Western "Ritt im Wirbelwind" an. Damit war Stantons Weg zu ernsthafteren Rollen frei. Er drehte mit großen Regisseuren wie Martin Scorsese ("Die letzte Versuchung Christi") und Francis Ford Coppola ("Der Pate II").
Auch im Fernsehen verkörperte der passionierte Raucher zahlreiche Charaktere. Zuletzt spielt er zu Beginn der 2000er Jahre einen streng gläubigen Patriarchen in den vier Staffeln der Serie "Big Love".
Stanton habe eine "Unschuld und Authentizität gehabt, die extrem selten ist", sagte Regisseur Lynch 2012 in einem Dokumentarfilm über den Schauspieler. Für jüngere Menschen war und bleibt Stanton ebenfalls ein Idol. Die Schauspielerin Olivia Wilde schrieb auf Twitter: "Harry Dean Stanton war die Definition der Coolness."