Das Grazer Schauspielhaus startet mit einem komprimierten Programm von vier Premieren und sechs Minidramen am 29. und 30. September in die neue Saison. Intendantin Iris Laufenberg sprach zu Beginn ihres dritten Jahres über die erste Schwab-Aufführung seit längerer Zeit, Romanadaptionen für die Bühne und das Theater als einen Ort der Fokussierung.

Wie geht's Ihnen drei Wochen vor Beginn Ihrer dritten Saison als Intendantin in Graz?
Iris Laufenberg:
Gut. Es ist nach wie vor aufregend. Das Eröffnungspaket am ersten Wochenende ist groß, da bin ich natürlich neugierig, wie es angenommen wird. Wir zeigen Werner Schwab, der fast nicht mehr gespielt wird, also zumindest nicht dieses Stück ("Faust::Mein Brustkorb::Mein Helm"), dann auch Clemens J. Setz, der nun auch neu für das Theater neu entdeckt worden ist. Und daneben haben wir noch Peter Simonischek und Maria Bill hier, mit "Weißes Kaninchen, rotes Kaninchen" von Nassim Souleimanpour. Die Schauspieler kennen das Stück nicht, sie bekommen einen Umschlag, in dem steht, was sie tun müssen.

Werner Schwab wurde auch in seiner Heimatstadt Graz in den letzten Jahren kaum gespielt, woran lag das Ihrer Meinung nach?
Der "Faust" gehört zu den "Fäkaliendramen", man hört schon an dieser Bezeichnung, dass das nichts ist, was man seinem Publikum immer zumuten möchte. Aber wir bringen ihn mit großer Freude, weil wir glauben, dass das Grazer Publikum reif dafür ist. Schwab macht in diesem Stück immer noch den Puls der Gegenwart spürbar.

Sie haben das Haus in einer finanziell angespannten Zeit übernommen, es ist in nächster Zeit nicht mit Aufstockung des Budgets zu rechnen, über Kürzungen wird nachgedacht. Wie wirkt sich das auf die Planung aus?
Wir planen schon langfristig und auch in engem Kontakt mit der Politik, ich hoffe, dass die Launenhaftigkeit der Vergangenheit mich nicht in der Zukunft trifft. Mein Vertrag geht über fünf Jahre und ich habe Zusagen. Wenn man so eine erfolgreiche Spielzeit hinter sich gebracht hat, wo überregionale Presse kommt und viel Wahrnehmung erfolgt, dann hat man auch bessere Chancen, dass diese so eingehalten werden.

Sie haben in der kommenden Saison wieder zwei Romanadaptionen - "Hiob" und "Zauberberg" - auf dem Spielplan. Wie beurteilen Sie diesen Trend, Erzähltexte in extrem verknappter Form auf die Bühne zu bringen?
Das Theater hat sich viel breiter aufgestellt. Wenn es so gehaltvolle Romane gibt, ist es schön, sie auch für die Bühne nutzbar zu machen. Das Personal, die Sprache, die Dramatik, das reizt Theaterleute, weil es eben auch die Mittel gibt. Gerade der "Zauberberg" wird heutzutage auch kaum noch gelesen in der Schule, das ist auch eine Möglichkeit, ihn für die Zukunft zu retten, finde ich.

Die Schauspielerin Corinna Kirchhoff hat kürzlich in einem Interview von der "grassierenden Verblödung" am Theater gesprochen und vor allem Regieexzesse und den "Trend zu Genremix und Performance" kritisiert.
Nein, das finde ich gar nicht. Ich finde die Polarisierung von Performance und Theater nicht richtig, das Ausspielen gegeneinander, genauso wenig wie das Ausspielen von Stadttheater gegen Freie Szene. Es ist doch gut, dass es das alles gibt und zu unterscheiden ist und dennoch können wir kooperieren. Allerdings finde ich den Performance-Hype völlig übertrieben. Wir sollten die Zukunft nicht nur in der Performance sehen, dann wird würde das Theater nicht überleben. Performance ist nur eine Form unserer Kunst und Arbeit.

Warum sollte jemand heute noch ins Theater gehen, wo die vielfältigsten Unterhaltungsmöglichkeiten zu Hause bequem verfügbar sind?
Weil er man im Theater mit vielen Menschen zusammensitzt, ein Gesprächsthema hat, und ich glaube es ist der einzige Ort, wo ich nicht dauernd aufs Handys sehe, Chips esse, Cola schlürfe. Diese Fokussierung auf sich selbst, auf seine Emotionen, auf alle Sinne, auf die Gemeinschaft, auf alles, was, passiert und dann die Reaktion der Schauspieler auf der Bühne, das ist eine absolute Bereicherung.