Anna Netrebko, Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker. Schon die Namen sorgten im Vorfeld der Opernpremiere von Verdis „Aida“ bei den Salzburger Festspielen für höchste Erwartungen. Diese wurden offensichtlich erfüllt. „Riesenjubel für Verdis ,Aida’: Anna Netrebko brillierte in der Titelrolle, Riccardo Muti sorgte für musikalische Finessen und Shirin Neshat lieferte eine Inszenierung ohne Pomp, die dennoch mächtig faszinierte“, lobte unser Musikredakteur Michael Tschida.
Am Samstag kann sich auch das Fernsehpublikum von der Qualität der Aufführung im Großen Festspielhaus überzeugen. „Herr der Bilder“ ist dabei Michael Beyer, der neun ORF-Kameras dirigiert. Er sieht darin eine „Herausforderung im positiven Sinn“. Da Regisseurin Shirin Neshat die Personenführung nicht streng durchchoreografiert hat, müssen auch die Kameraleute oft spontan reagieren. „Es ist reizvoll, sich darauf einzulassen. Ich muss es wie ein Jazzkonzert anlegen“, sagt dazu Beyer. Seine Aufgabe als Bildregisseur sieht er so: „Wir führen den Blick des Zuschauers. Die Aufnahme ist eine Art Interpretation. Es gibt viele Totalen auf das bombastische, sich bewegende Bühnenbild. Großaufnahmen sind natürlich das Besondere an der Fernsehübertragung einer Oper, ich gehe aber damit vorsichtig um.“
Für Shirin Neshat, eine iranische Künstlerin, Filmemacherin und Fotografin, ist „Aida“ die erste Opernregie. Sie sorgt für eine Entrümpelung der Bühne: keine Elefanten, keine Pyramiden, keine Palmen. „Es gibt keine Folklore, nur eine leichte Archaik im Ballett, an das alte Griechenland erinnernd“, schildert Beyer. Neshat hat die Oper an einem zeitlosen Ort in strenger, minimalistischer Ästhetik angesiedelt und stark auf die Sänger fokussiert. Zwei wandelbare weiße Kuben werden zum Gerichtshof und am Ende zum Grab. Wichtig ist ihr auch ein gesellschaftspolitischer Anspruch. „Aida gleicht meiner eigenen Geschichte“, sagt Neshat, die vor 21 Jahren aus ihrer Heimat verbannt wurde. „Meine Aida ist eine Überlebenskünstlerin. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen und die Oper ist auch heute noch erstaunlich relevant“.
Die zurückgenommene Inszenierung passt gut zum Konzept von Dirigent Riccardo Muti. Er sieht in der „Aida“ eine Kammeroper. Abgesehen vom berühmten Triumphmarsch sind häufig nur zwei bis drei Personen auf der Bühne. Die Situationen sind immer intim – das drückt sich in vielen Piano- und Pianissimostellen aus.
Auch Tenor Francesco Meli, der in seinem Rollendebüt als Radamès überzeugte, betont die Zartheit und Eleganz von Verdis Musik. Wenn man der Musik lauscht, verstehe man die Beziehung zwischen den handelnden Personen. „The music wins in that production“, sagt Meli.
Wiederholungen der TV-Opernübertragung: Sonntag, 13. 8., 21.30 Uhr, ORF III sowie Freitag, 25. 8., 23 Uhr, ZDF.
Eva Schulz