Seit einem Monat ist Jürgen Meindl Österreichs oberster Beamter in der Kulturverwaltung. Seine Vorgängerin Andrea Ecker hatte von der Leitung der 2015 fusionierten Kunst- und Kultursektion als Kabinettsdirektorin zu Bundespräsident Alexander Van der Bellen gewechselt. Handelt es sich nun um ein administratives oder ein politisches Amt? "Es ist ein spannender Managementjob", so Meindl diplomatisch.
Der 52-jährige Oberösterreicher kennt beides: die Diplomatie und die Kulturpolitik. Der studierte Jurist mit Schwerpunkt auf internationalem Recht, der während des Studiums das Linzer Donaufestival mitorganisierte ("Eines der ersten Dinge, dich ich dort gemacht habe, war die Organisation eines Konzerts von Boris Bukowski"), begann seine berufliche Laufbahn in den Büros der SP-Kulturpolitiker Hilde Hawlicek und Rudolf Scholten. Nachdem er dort u.a. eine Abteilung für spartenübergreifende Kulturinitiativen aufgebaut hatte, wechselte er als Stabsstellenleiter zur Wiener SP-Kulturstadträtin Ursula Pasterk, wo er als einer ihrer "3 M" (neben Gerald Matt und Thomas Mießgang) bekannt wurde und etwa an der Rückholung des Schönberg-Nachlasses und der Aufwertung des Filmstandortes Wien arbeitete.
Danach ging Meindl nach Brüssel, wo er an der Generaldirektion für Kultur und Audiovisuelle Medien der EU-Kommission arbeitete, absolvierte die Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst und war nach Einsätzen an den Botschaften von Berlin, Tel Aviv und Bern zuletzt wieder in Brüssel als österreichischer Botschafter in Belgien und Leiter der Österreichischen Vertretung bei der NATO tätig.
Die Erarbeitung von Vorschlägen für eine Neuaufstellung des vom Rechnungshof arg zerzausten Bundesdenkmalamts, der Vorsitz der Findungskommission für die Generaldirektion des Kunsthistorischen Museums, die Prüfung der Optionen im Umgang mit der Fotosammlung des Bundes, der Ausbau des Servicecharakters von Förderstellen sowie die Vorbereitung auf die kommenden Budgets, die aufgrund der Herbstwahl mit einem Budgetprovisorium beginnen, sind die ersten Schwerpunkte von Meindls Arbeit. "Einerseits sind es natürlich administrative Aufgaben, andererseits gibt es schon auch Freiraum. Das gilt aber ebenso für die nachgeordneten Dienststellen", sagt Meindl im Gespräch mit der APA.
Diese Freiräume stehen und fallen freilich mit dem jeweiligen Minister. "Natürlich ist ein Vertrauensverhältnis zum Minister notwendig, sonst können Sie Ihre Aufgabe nicht umsetzen", räumt der neue Sektionschef ein. Dass der Sozialdemokrat Meindl mit Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bereits seit der gemeinsamen Schulzeit befreundet ist, ist da wohl kein Nachteil. Was aber, wenn er - wie einst der spätere Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) unter Staatssekretär Franz Morak (ÖVP) - durch einen Regierungswechsel abgeschnitten von Informationen und Entscheidungsabläufen wird oder gar gezwungen sein sollte, Dinge zu exekutieren, die einem gegen den Strich gehen? "Ich sehe dem mit Gelassenheit entgegen. Das ist dann zu beurteilen, wenn es dazu kommen sollte. Dann muss man entscheiden, was man mittragen kann und was nicht. Aber natürlich würde ich mich freuen, wenn der jetzige Minister, unter dem ich mich ja auch beworben habe, im Amt bliebe", versichert Meindl, der als Sektionschef einen Fünf-Jahres-Vertrag hat.
Österreichs EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 soll jedenfalls auch einen Kultur-Schwerpunkt bekommen. Neben einer kulturell geprägten Auftaktveranstaltung und inhaltlichen Schwerpunkten im Zusammenhang mit dem Gedenkjahr 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs soll es auch österreichische Initiativen im Bereich von Digitalisierung und Urheberrecht geben.
Und welche Kulturereignisse haben den Sektionschef im ersten Monat seiner neuen Tätigkeit besonders beeindruckt? Jürgen Meindl wählt zwei Beispiele aus Österreichs prominentesten Hochkulturfestivals: "Ich war von 'Moses in Ägypten' in Bregenz beeindruckt, auch von dem Bühnenbild, und 'La Clemenza di Tito' in Salzburg war fantastisch... Ich war aber auch von der Salzburger Eröffnungsrede von Ferdinand von Schirach begeistert. Und ich freue mich sehr auf die kommende Ars Electronica."
Wolfgang Huber-Lang/APA