Es war nicht der Tag des britischen Senkrechtstarters Rory Graham alias Rag'n'Bone-Man. Erst hatte er eine Panne mit seinem Tourbus und musste alle Interviews absagen, dann kam er mit Verspätung auf die Bühne, schließlich erwischte er das Publikum gänzlich am falschen Fuß. Der junge Mann mit der Ausnahmestimme schaffte es nicht, das (sichtlich müde) Publikum zu motivieren, die schönen, eingängigen Songs prallten an der Masse ab. Selbst bei den Superhits "Human" und "Skin" reichte es nur für leichtes Schunkeln.
Der Freitag hat jedenfalls Spuren hinterlassen: Bis weit nach Mitternacht feierten die Nova Rocker zu den Klängen der Headliner System Of A Down, die eine würdige Show ablieferten. Ermüdungserscheinungen hin oder her, heute ging es schon um 13 Uhr bei Wendis Böhmische Blasmusik und Freibier lustig weiter.
Musikalisch wird dem Publikum heute ein stimmigeres Programm als gestern (das Experiment Gangsta-Rap am Nova Rock-Festival darf nach diesem Jahr getrost als gescheitert angesehen werden) geboten. Am weiteren Programm: Hatebreed, Sabaton, Randic und Green Day.
Letzere haben offenbar Großes vor: Ihr Auftritt ist von 21.45 Uhr bis 0.15 Uhr anberaumt. An Hits mangelt es den Punk-Rockern jedensfalls nicht, "Boulevard Of Broken Dreams", "American Idiot" oder "Holiday" sind sowohl massen- wie mitsingtauglich. Weitaus härtere Kost bieten zeitgleich Sabaton, eine schwedische Power-Metal-Band, die sich in ihren Songs weitgehend mit militärhistorischen Themen auseinandersetzt - ein schöner Kontrast. Das große Finale bestreitet dann kein Geringerer als David "The Hoff" Hasselhoff, Rettungsschwimmer im Herzen einer ganzen Generation. Um halb zwei Uhr früh heißt es dann: Danke Nova Rocker, wir sehen uns 2018.
Das Wetter macht den Nova Rockern heute wenig Freude - der starke Wind zehrt an den Nerven und kühlt die Luft deutlich ab. Es wird eine frische, letzte Nacht auf den Pannonia Fields.
Wir berichten ab Nachmittag live vom Festival:
So war Tag 1
Staubwolken wohin das Auge blickt - 200.000 Rockfans brachten am Mittwoch die pannonische Steppe zum Glühen. Das größte Rockfestival Österreichs startete in der schon typisch staubig-trockenen Hitze des Nordburgenlandes. Gleiche Location, gleiches Publikum, starkes Line-Up - und trotzdem ist heuer vieles anders. Stärker denn je wird auf die Sicherheit der Besucher Acht gegeben. An den Eingängen finden (fast) lückenlose Kontrollen statt, rund ums Gelände sind bewaffnete Polizisten stationiert, an der nahen ungarischen Kräfte patroullieren Kräfte des Bundesheeres. Die frühere Unbeschwertheit ist ein Stück weit verlorgen gegangen. Panik will Veranstalter Ewald Tatar trotzdem nicht aufkommen lassen. „Man muss betonen, dass es für Österreich keine konkrete Terrorgefahr gibt.“ Nachsatz: „Einen Anschlag wie in Manchester könnten wir auch hier nicht verhindern. Es entzog sich allen Kontrollen.“
Am Abend standen die ehemaligen Nu-Metal-Helden von Linkin Park auf der Bühne. Ein durchwachsener Auftritt, den auch Superhits nicht retten konnten.
So war Tag 2
Auch die härtesten Rocker gelangten hier an ihre Grenzen: Über 30 Grad im Schatten (wobei - welcher Schatten?), kaum Möglichkeiten, auszuweichen, und nicht zu wenig Alkoholkonsum forderten am Donnerstag ihren Tribut. Nicht nur mit Kreislaufkollapsen hatte das Rote Kreuz am Donnerstag zu tun.
„Nicht immer wird geeignetes Schuhwerk getragen, und in der allgemeinen Euphorie vor der Bühne kommt es dann natürlich auch zu Verletzungen – Schürfwunden, verstauchte Knöchel, aber auch Kollapse stehen an der Tagesordnung“, schildert Thomas Horvath vom Roten Kreuz Burgenland. „Aber darauf sind wir eingestellt. Wir haben auch mobile Teams im Einsatz, welche mit speziellen Fahrtragen ausgerüstet sind, die bei unebenem Boden verwendet werden können, um Besucher in unser Behandlungszelt bringen. Hin und wieder kann es dann auch erforderlich sein, dass wir jemanden zur weiteren Abklärung oder Behandlung in ein Krankenhaus bringen. Aber in der Regel bekommen wir die Leute schnell wieder fit.“
Neben diversen Verletzungen sind es vor allem alltägliche Probleme und Problemchen, für deren Lösung die Hilfe des Roten Kreuzes in Anspruch genommen wird. „Von Augenentzündungen bis zum Nasenbluten, von Insektenstichen bis zu Magenschmerzen – wir behandeln hier so gut wie alles“, erzählt der Leitende Notarzt Gerhard Payrich. Von Dienstagabend bis Donnerstag 18 Uhr versorgte das Rote Kreuz 908 Patienten, 37 davon wurden ins Krankenhaus eingeliefert. An den Konzerttagen sind pro Schicht rund 120 Sanitäter und 8 Ärzte im Einsatz.
Großes Staunen gab es am Nachmittag: Mitten am Nova Rock-Gelände entfachte der Wind einen regelrechten Wirbelsturm, der gleich mehrere große Schirme mit sich riss. Vom Wind getragen flogen die gelben Schirme hunderte Meter durch die Luft - ein Spektakel, dass auch Good Charlotte-Sänger Benji Madden faszinierte. "Sorry, ich kann gar nicht wegsehen", entschuldigte sich der Ehemann von Hollywoodstar Cameron Diaz im Interview. Auf ihre österreichischen Fans freuen sich Madden und sein Bruder Joel besonders. "Wir reisen um die Welt, und werden überall von unglaublich tollen Fans emfpangen. Das macht diesen Job so besonders." Die Brüder stehen seit ihrer Jugend auf der Bühne, sind mittlerweile aber als Familienväter sesshaft geworden. "Wir gehen nur mehr zwei oder drei Wochen auf Tour, die Familie geht über alles. Wir wissen auch, dass wir diesen Job nicht ewig machen werden. Das macht es so besonders für uns."
Einen neuen Rekord scheint diesmal der legendäre panonnische Staub aufzustellen - nie waren Autos schneller unter einer undurchsichtigen Schicht verborgen, nie sahen Schuhe und Kleidung nach Tag 1 schlimmer aus. Immerhin: So mancher Sonnenbrand wird erst nach Tagen sichtbar werden. Auf der Bühne standen gestern unter anderem Slayer, In Flames und Blink-182.
So war Tag 3
„Heute hatten wir zwar viele Versorgungen, die meisten Behandlungen waren wie bereits in den Tagen zuvor aber alltägliche Wehwehchen“, schildert Thomas Horvath vom Roten Kreuz Burgenland. „Ohrenschmerzen, Halsschmerzen, leichte Verbrennungen, Verbandswechsel nach bereits erfolgten Versorgungen. Die Festivalteilnehmer sind gut gelaunt, und so macht die Arbeit auch für uns großen Spaß.“ Bis 19 Uhr hatten die Sanitäter und Ärzte 1875 Festivalbesucher zu versorgen. 81 Patientinnen und Patienten wurden zur weiteren Abklärung und Behandlung in das Krankenhaus Kittsee gebracht.
Ansonsten verlief der frühe Nachmittag am Freitag unspektakulär. Code Orange und Four Year Strong mühten sich auf der blauen Bühne vor überschaubarem Publikum ab. Am dritten Festivaltag kehrt langsam die Ernüchterung ein, bis zu den ersten zugkräftigen Acts bleiben die Fans lieber gemütlich im Zelt. Partystimmung demgegenüber bei den kleineren Bühne am Campingplatz. Hier geht's gefühlt rund um die Uhr zu wie am Ballermann. Auf der roten Bühne lieferten Dawa und SSIO ungewöhnliche Nova-Klänge.