Das Rennen war spannend bis zuletzt, da es keinen klaren Favoriten im Jubiläumsjahrgang gab. Eine neunköpfige internationale Jury (u. a. mit Will Smith, Maren Ade und Paolo Sorrentino) unter Vorsitz des spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar hat entschieden: Die Goldene Palme geht an die sehr kontrovers aufgenommene Satire „The Square“ des Schweden Ruben Östlund.
Der 43-Jährige Östlund legt mit "The Square" eine Groteske auf die moderne Kunstwelt und zugleich westliche Wohlstandsgesellschaften vor: Ein Museumskurator gibt sich gern als tolerant und fortschrittlich, wird aber zunehmend als Macho und äußerst unsozialer Mensch entlarvt.
Zum 70. Geburtstag gab es außerdem einen Spezialpreis für die Leistung von Nicole Kidman in gleich zwei Wettbewerbsfilmen. Sie war jedoch schon abgereist und daheim in den USA. So gab es nur eine Videobotschaft von ihrer kleinen Farm. Michael Haneke ging leer aus, überraschend auch die Japanerin Naomi Kawase.
Die weiteren Prämierten bei der von Monica Bellucci moderierten Abschlusszeremonie:
Großer Preis der Jury (quasi Silber): das in den 80er-Jahren spielende politische Aids-Melodram „120 BPM (Battements par minute)“ des Franzosen Robin Campillo.
Preis der Jury (quasi Bronze): „Nelyubov/Loveless“ des Russen Andrey Zvyagintsev über ein verschwundenes Kind.
Beste Darstellerin: Diane Kruger in „Aus dem Nichts“ von Fatih Akin. Es war übrigens das erste Mal, dass die im niedersächsischen Hildesheim geborene Kruger auf Deutsch drehte!
Bester Darsteller: Joaquin Phoenix (er bekam 2006 schon einen Golden Globe) als Kriegsveteran in der Rachegeschichte „You Were Never Really Here“.
Beste Regie: Sofia Coppola für den Kostümthriller „The Beguiled“ mit Nicole Kidman und Colin Farrell. Verführte zur Zeit des Sezessionskriegs.
Bestes Drehbuch: ex aequo an den Griechen Yorgos Lanthimos („The Killing of a Sacred Deer“ als Albtraum einer Familie mit Nicole Kidman und ebenfalls Colin Farrell) und an die Britin Lynne Ramsay („You Were Never Really Here“).
Bester Kurzfilm: Qiu Yang aus China („A Gentle Night").
Im Nebenwettbewerb „Un certain regard“ (Jury unter der Leitung von US-Schauspielerin Uma Thurman) ist der regierungskritische iranische Regisseur Mohammed Rasulof mit dem Hauptpreis ausgezeichnet worden. Der 45-jährige Regisseur erhielt die Auszeichnung für seinen Film „Lerd“ (Ein integrer Mann), der die Korruption in seinem Heimatland anprangert. Zudem bekam der mexikanische Regisseur den Preis der Jury für das Familiendrama "La hijas de abril", der US-Filmemacher Taylor Sheridan für seinen Thriller "Wind River" den Regiepreis und der Film "Barbara" (über die legendäre gleichnamige Sängerin) des Franzosen Mathieu Amalric den Preis für die Poesie des Kinos. Außerdem wurde die Schauspielerin Jasmine Trinca für ihre Rolle als couragierte geschiedene Mutter in "Fortunata" des Italieners Sergio Castellitto prämiert.
Die Camera d'or (Goldene Kamera) für das beste Erstlingswerk ging an die Französin Léonor Serraille für den nächtlichen Road Movie „Jeune femme“ mit Laetitia Dotsch.