Man kann auch Spaß haben, ohne lustig zu sein. "Baustelle" landeten wie jener Nachtfalter aus ihrem Song "Lepidoptera" im "Teatro Luigi Candoni" in Tolmezzo und bewiesen genau das: Sie haben Spaß an ihrer Kunst - ohne sich zu offenbaren. Nur kurz zur Erklärung: "Baustelle" sind in Italien eine große Nummer. Die Band aus Montepulciano legte im Jänner mit "L'amore e la violenza" (Die Liebe und die Gewalt) ihr bereits siebentes Studioalbum (Warner) vor und ihre Tour durch die Theater Italiens ist großteils ausverkauft. Mittwochabend wurde das "Teatro Candoni" zur pop-musikalischen "Baustelle".
Wanderer zwischen den Stilen
Sänger Francesco Bianconi, irgendwie abwesend emotional, sang in Tolmezzo eindringlich unaufdringlich von Liebe, Krieg und den kleinen und großen Sorgen der Menschen. Mit Sängerin Rachele Bastreghi stimmte die Chemie, ohne, dass sich ihre Blicke jemals trafen. Und Gitarrist Claudio Brasini verzog auch nur ganz selten die Miene. Aber das macht nichts. Mit ihrer Band wurde "Baustelle" zu einer achtköpfigen, eingeschworenen Gemeinschaft, die richtig viel Druck erzeugte. Egal, ob sie gerade Disco machen, ob sie rocken oder sich atmosphärisch dem New Wave nähern. "Baustelle" sind musikalisch stringent, obwohl sie sich zitierend durch die Stile bewegen. "Wir sind pessimistisch, wir sind traurig, wir sind Snobs", sagte Bianconi und nannte nur einige der gängigen Beschreibungen der Band. Es spielt auch keine Rolle, ob sie nun traurig sind oder einfach nur snobistisch, "Baustelle" sind eine Band, die hängen bleibt und nachwirkt. Ihre Texte sind eindringlich poetisch. Eine "amore antico", eine "amore atomico". Eine musikalische Explosion, die auch das Publikum im ausverkauften "Teatro Luigi Candoni" überzeugte. Sie sind wie ein Nachtfalter, der den Lärm der Welt anhält. Der mit seinem Flügelschlag ganz, ganz leise den Blick für das Wesentliche schärft und schließlich zu einem Sturm entfacht. Eine "Baustelle" der Sinne. Beeindruckend.