Mit Ihrem Trio und Quinteto Argentina feierten Sie seinerzeit legendäre Erfolge. Ihre erste Begegnung mit argentinischen Musikern haben Sie uns in einem Interview 2004 so beschrieben: „Damals ist meine konservative Weltanschauung als Unterkärntner über den Haufen geworfen worden. Ich habe ein völlig neues Lebensgefühl erfahren und vor allem auch, dass Musik Spaß machen kann“. Bis heute?
KARLHEINZ MIKLIN: Ja, der Zugang zur Musik, allein wenn man auf die Bühne geht, war bei den Argentiniern komplett anders. Wir waren ja immer sehr ernst, konzentriert und auf Kunst und so. Und ich war – und bin es immer noch – sehr nervös vor jedem Auftritt. Und die haben sich einfach einen Spaß daraus gemacht.


Und Ihre Weltanschauung als Unterkärntner . . . ?
MIKLIN: . . . war die Grundeinstellung wie jene der Majorität in Kärnten, so wie ich halt aufgewachsen bin am Rande des Tito-Vorhanges. Ich habe das damals überhaupt nie hinterfragt. Ich habe studiert, gesportelt, gefärbelt und ein bisschen Saxophon gespielt. Ich war ein Kärntner, wie man ihn halt so kennt. Und irgendwann bin ich draufgekommen, dass Bleiburg nicht der Mittelpunkt der Welt ist. Heute weiß ich, dass ich ideologisch mit 90 Prozent von Bleiburg und Umgebung nicht übereinstimme. Aber das heißt für mich auch nicht mehr, dass ich dort deshalb missionarisch tätig werden muss.
Sie sagten auch einmal: „Ich weiß, dass Dankbarkeit im Jazzleben keine Kategorie ist“.
MIKLIN: Das betraf das Grazer Jazzinstitut und war vor 15 Jahren aktuell. Da wurde ich ordentlich betoniert, aber das ist Geschichte. Ich habe auch keinen Groll mehr, aber gewisse Leute existieren heute einfach nicht mehr für mich. Auch solche, die sich standhaft geweigert haben, auch nur einen Satz bei meiner Verabschiedung als Institutsleiter im Vorjahr zu sagen (Namen der Red. bekannt).
Michael Abene aus New York, als Weltklasse-Arrangeur und Grammy-Gewinner auch Professor für Jazz-Ensembleleitung in Graz, hat nun einige Ihrer Kompositionen für Big Band arrangiert. Wohl eines der schönsten Geburtstagsgeschenke?
MIKLIN: Abene hat mich bei drei Konzerten spielen gehört und mir im Sommer gesagt, dass er einige meiner Titel für eine CD-Aufnahme mit Big Band arrangieren will. Ich fühlte mich äußerst geehrt und habe dann Sigi Feigl gefragte, ob er da mit dem neuen Jazzorchester Steiermark dabei sein kann. Wir gehen damit Mitte Dezember ins Studio, die CD soll dann im März fertig sein. Das ist musikalisch das Größte, was mir je passiert ist.
Und was ist mit 70 sonst noch wichtig?
MIKLIN: Eine Sache, die ich leider nicht oft genug erwähnt habe, ist, dass ich im Leben unheimliches Glück hatte. Das fängt dort an, wo ich hineingeboren wurde, das Glück, dass ich nicht ganz unmusikalisch bin, die Begegnung mit den Argentiniern, dass immer viel von außen an mich herangetragen wurde, und dass ich einfach spielen kann.