Gemeinsam mit Benny Anderson hat er die Popgeschichte mitgeschrieben, doch von Starallüren ist überhaupt nichts zu merken. Zum Interview trafen wir einen Mann ohne Affektiertheit, liebenswürdig und bescheiden. Und wollten von Björn Ulvaeus wissen, warum das Musical „Chess“, das er mit Benny Anfang der 1980er-Jahre komponierte und das 1986 im Prince Edward Theatre in London seine Uraufführung erlebte, heute so selten gespielt wird.
Im Gegensatz zu „Mamma Mia!“ sei die Handlung eben keine leichte Kost: „Ein ernstes Thema ohne Happy End über unmögliche Beziehungen. So gesehen ist ,Chess‘ das ,Casablanca‘ der Musicalbühne. Ein dunkles Stück. Und der Kalte Krieg sagt heute einem jungen Publikum ja nichts mehr“, erläutert der 71-jährige Schwede.
Zum Team gehörte Texter Tim Rice (u. a. "Evita" und "Jesus Christ Superstar"): Der Brite baute die von Benny und Björn angeregte Geschichte aus der Schachwelt samt politischen Hintergründen um eine Spionageaffäre und eine Lovestory aus.
Hitparadenerfolge
Es wären freilich nicht die ABBA-Männer, hätte nicht auch „Chess“ Hitparadenerfolge hervorgebracht: „One Night in Bangkok“ (Platz zwei etwa in Österreich) und das Duett „I Know Him So Well“ (Nummer eins in England) stürmten die Charts. 1995 folgte ihr zweites Musical „Kristina från Duvemåla“, das opernhafter ausfiel und bisher den Skandinaviern vorbehalten blieb. Für „Mamma Mia!“, 1999 aus der Taufe gehoben, treiben ja fast zwei Dutzend ABBA-Hits eine romantische Komödie voran.
Ein Comeback der Kultgruppe muss Ulvaeus in unserem Gespräch wohl zum gefühlten 1000. Mal verneinen. Liegen aber womöglich noch unveröffentlichte ABBA-Aufnahmen im Archiv? „Glauben Sie mir: keine einzige“, sagt der gebürtige Göteborger, „ich weiß, dass andere Künstler oft nur ein paar Tage für einen fertigen Song brauchen. Wir haben anders gearbeitet, monatelang an einem Stück getüftelt. Da dürfen Sie nichts Übriggebliebenes mehr erwarten!“ Er könne sich aber vorstellen, dass weitere ABBA-Nummern von den acht Studioalben für eine Fortsetzung des „Mamma Mia!“-Kinoerfolgs verwendet werden: „Das hängt davon ab, ob wir ein gutes Drehbuch finden“, erklärt Ulvaeus. Das Archiv der Erfolgsband zu verwalten, ist jedenfalls Arbeit genug. Pensionist will er ohnehin keiner werden: „Das wäre ja stinklangweilig. Es hält mich jung, immer noch mit Neugier in die Welt zu blicken und Projekte zu haben.“
„Chess“: Musical von Benny Andersson, Björn Ulvaeus und Tim Rice. Dirigent: Tom Bitterlich. Regie: Thomas Winter. Es singen Marc Lamberty, Nikolaj A. Brucker, Annemieke Van Dam u. a.
Premiere: 15. Oktober, 19.30 Uhr, Oper Graz.
Karten: Tel. (0316) 8000.
www.oper-graz.com