Eigentlich ist Nikolaj Gogols "Der Revisor" einer der Prototypen einer wunderbaren, entlarvenden Verwechslungskomödie von zeitloser Gültigkeit, schließlich hat die Korrupion und die geistige Armut auch keinerlei erkennbares Ablaufdatum. Im Original löst die Nachricht, dass sich ein gestrenger Beamter aus Moskau inkognito in ein Provinkaff begeben will, um genauer zu prüfen, wie hoch oder tief der moralische Pegelstand ist, Panikreaktionen in der ortsansässigen, maroden, verlogenen Oberschicht aus. Ein eher zufällig des Weges kommender Hochstapler wird, Tücke der Hysterie, für den Revisor gehalten und löst damit eine Kettenreaktion mit weiteren Schleimereien, Bestechungen und Heucheleien aus.
Tarnkäppchen
In seiner radikal gekürzten Version, die im Grazer Schauspielhaus ihre Premiere feierte, begnügt sich Regisseur Stephan Rottkamp damit, nur den Stückrahmen zu verwenden. Der ist ohnehin unzerstörbar. Diesen Rahmen aber pfropft er voll mit Slapstick, Klamauk, ohne Scheu vor infantilen Späßchen, angereichert mit aktuellen Bezügen, etwa der Asylanten- und Flüchtlingsproblematik und garniert mit exzellenter Live-Musik. Ein sonderbarer, grellbunter Spuk mit Menschenkarikaturen, plakativ, revuehaft und schrill.
Viel harte Arbeit steckt in der enorm auf das Tempo drückenden Inszenierung, auch vor dem präzisen Feinschliff und dem enorm motivierten Ensemble ist höchst respektvoll der Hut zu ziehen. Der tiefere Sinn aber, der sich bei Gogol ja Schritt für Schritt auch als menschlicher Schwachsinn offenbart, der trägt ein Tarnkäppchen.