Der "steirische herbst" steht heuer unter dem Motto "Wir schaffen das", Angela Merkels viel diskutiertem Ausspruch, ein "Slogan, der wie ein Stachel im Fleisch sitzt", erklärte herbst-Chefin Veronica Kaup-Hasler bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
"Überall brodelt es, überall passiert etwas", beschrieb die Intendantin die derzeitige Stimmung. "Es ist die Frage, was dieses Europa zusammenhält, was die Idee dahinter noch sein könnte." Die weltweiten Fluchtbewegungen, die Diskussionen dazu, die Auswirkungen - mit diesen Dingen setzt sich das Festival heuer auseinander, entwirft Gegenwelten und geht nicht nur metaphorisch an die Grenze: Gezielt wird in den über 100 Produktionen neben Graz auch die südsteirische Grenzregion in den Fokus genommen. Das Duo Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger wird eine performative Wanderung zum Thema Grenzziehung in der Geschichte der Region anbieten, während der angolanische Künstler Kiluanji Kia Henda mit einer Installation unter dem Titel "Dies ist mein Blut" einen Bogen spannt zwischen dem Gefühl des Unbehagens in der Gesellschaft, katholischer Tradition und südsteirischem Weinbau.
Haus der offenen Tore
Auf einen fixen Standpunkt wird heuer verzichtet, das migrantisch geprägte Annenviertel am rechten Murufer wird zur "Arrival Zone" umfunktioniert. Dort finden unterschiedliche Produktionen statt, Herzstück ist der Volksgartenpavillon, der zum transkulturellen und interdisziplinären "Haus der offenen Tore" werden soll, wo ein Dialog mit Anrainern und lokalen Initiativen geplant ist.
Eröffnet wird mit Philippe Quesnes skurriler Maulwurfwelt als "Kehrseite des politischen Überangebots", so Kaup-Hasler. Der Schweizer Theatermacher Milo Rau erforscht im Projekt "Empire" mit vier Performern aus verschiedenen Ländern die Zukunft Europas, indem die Protagonisten ihre eigenen Geschichten von Flucht und Heimat in epische Bilder umformen.
Die katalanische Künstlergruppe "El Conde de Torrefiel" unter der Leitung von Pablo Gisbert und Tanya Beyerle nähert sich dem Thema auf sehr regionale Weise: Der Text wird aus Gesprächen mit jungen Steirerinnen und Steirern, die über ihre verborgenen Ängste sprechen, erarbeitet. Dazu entwirft Gisbert drei monumentale Choreografien, die der Ausgangspunkt für die Fragen über die Zukunft sind.
Im Kunsthaus findet diesmal die zentrale herbst-Ausstellung statt: "Body Luggage. Migration von gestern" beschäftigt sich mit Körpersprache als kulturelle Ausdrucksform über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg.
Nähere Infos: www.steirischerherbst.at