Mit der Uraufführung des im Vorjahr von der Wienbibliothek ersteigerten Stücks "Niemand" von Ödön von Horvath feierte das Theater in der Josefstadt am Donnerstagabend einen Saisoneinstand, der hinter den Erwartungen zurück blieb. Hausherr Herbert Föttinger inszenierte das aus dem Jahr 1924 stammende expressionistische Volksstück mit Florian Teichtmeister in der Hauptrolle allzu brav vom Blatt.
Das Publikum spendete nach rund 100 teils langatmigen Minuten anerkennenden Applaus, der große Jubel blieb jedoch aus. So waren es vor allem die Schauspieler - allen voran Teichtmeister, Gerti Drassl und Raphael von Bargen -, die die meisten Bravos einheimsten. In seiner Regie zeigte Föttinger vor einem trostlosen Bühnenbild eines Treppenhauses allzu viel Respekt vor dem Text, den er in der Realisierung auf der ganzen Linie in den frühen 1920ern beließ. Dynamik fehlte dem Abend ebenso wie Magie.
Es ist noch nicht der zugespitzte Horvath, wie man ihn von späteren Werken wie "Kasimir und Karoline", "Glaube Liebe Hoffnung" oder "Geschichten aus dem Wiener Wald" kennt, doch die Horvath'schen Themen kommen in dem 24 Charaktere umfassenden Werk bereits zur Geltung. "Niemand" ist hier ein abwesender Gott, nach dem die "kleinen Leute" vergeblich suchen. Ein Konnex zum Heute konnte in der Josefstadt jedoch nicht hergestellt werden.