Auf seiner Webseite stellt er sich folgendermaßen vor: „Ulrich Seidl. Regisseur. Drehbuchautor. Produzent. Voyeur. Menschenverachter. Zyniker. Sozialpornograph. Unhold. Provokateur. Pessimist. Humanist.“ Berufsbezeichnung und Zuschreibungen, Eigendefinition und Außenwahrnehmung vermengen sich in diesem listigen Selbstporträt einer kontroversiellen Künstlerpersönlichkeit.
Seidl gilt, neben Michael Haneke, als wichtigster österreichischer Regisseur der Gegenwart.

Den filmischen Blick richtet er mit Vorliebe auf die Armseligen, die Ausgegrenzten, auf die Verdränger, die Verzweifelten: teilnahmsvoll, aber mitleidlos, formal distanziert. In seinen Dokumentarfilmen wirken die Protagonisten oft wie unbegabte Darsteller ihrer eigenen Existenz. Aber erstaunlich leicht erkennt der Betrachter in den bizarren Obsessionen dieser Menschen sich selbst. Dafür wird Seidl verehrt, aber auch gehasst.

Der Wahnsinn namens Normalität


Ulrich Seidl, Sproß einer Ärztefamilie, die den Knaben ins Priesteramt zu drängen versuchte, verließ die Wiener Filmakademie ohne Abschluss im Streit mit seinen Professoren. Sein Diplomfilm „Der Ball“ war der schlechtestbeurteilte seines Jahrgangs.
Dafür begeisterte schon „Good News“, sein erster Langfilm über Wiener Zeitungskolporteure und ihre Kunden den deutschen Starregisseur Werner Herzog: „Mit solcher Konsequenz, mit solchem Stilwillen hat noch selten jemand im Film die furchtbare Regelmäßigkeit des Alltags, den Wahnsinn der Normalität gezeigt“, fand er.

Ein Film über die menschliche Natur


Es folgten: Dokus wie „Die letzten Männer“, „Tierische Liebe“, Spielfilme wie „Hundstage“ (Großer Preis der Jury, Venedig 2001), „Import Export“, die „Paradies“-Trilogie, zuletzt „Im Keller“. Mit „Safari“ ist Seidl nun zum dritten Mal Gast am Lido; der Film, der heute seine Welturaufführung erlebt, erzählt von mittelständischen Jagdtouristen in Afrika. Es sei „ein Urlaubsfilm über das Töten, ein Film über die menschliche Natur“, sagt Seidl. Seine Intention: „die Beweggründe des Jagens und die Besessenheit daran herauszufinden und darzustellen. Somit ist der Film auch ein Film über das Töten geworden.“